Von 188 Vorstandsmitgliedern in im Wiener Börse Index (WBI) gelisteten österreichischen Unternehmen sind aktuell nur 17 Frauen. Die Anzahl weiblicher Aufsichtsräte ist sogar leicht zurückgegangen. Was für einen Anstieg getan werden müsste.
Die Anzahl weiblicher Vorstandsmitglieder in Österreichs börsennotierten Unternehmen (Stichtag 1. Jänner 2023) ist im Vergleich zur Jahresmitte 2022 (Stichtag 1. August 2022) konstant geblieben. Somit stehen in den im Wiener Börse Index notierten heimischen Unternehmen 17 weibliche Vorstandsmitglieder 171 männlichen gegenüber. Damit hat sich der Wert im Vergleich zur letzten Erhebung nicht geändert. Bei Beginn der Untersuchungen im Juli 2015 lag der Frauenanteil in Vorständen bei 4,1 Prozent. In absoluten Zahlen ist die Anzahl an weiblichen Vorstandsmitgliedern innerhalb der letzten sieben Jahre um zehn Personen gestiegen.
Der Frauenanteil in den heimischen Aufsichtsräten ist hingegen leicht gesunken, liegt aber mit fast 30 Prozent auf dem zweithöchsten Stand im Untersuchungszeitraum. In fast neun von zehn österreichischen WBI-Unternehmen ist aktuell mindestens eine Frau im Aufsichtsrat vertreten. Somit ist in den Aufsichtsräten insgesamt der Anteil der Frauen im Vergleich zum Vorjahr von 30,4 Prozent minimal auf 29,8 Prozent gesunken: In den Aufsichtsgremien sitzen somit 157 Frauen (29,8 %) und 370 Männer (70,2 %). Gegenüber August 2022 ist die Zahl der weiblichen Aufsichtsratsmitglieder um sieben zurückgegangen, die der männlichen Aufsichtsräte im gleichen Zeitraum ebenfalls um sechs Mitglieder.
Zu diesen Ergebnissen kommt das Mixed Leadership Barometer der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY. Dafür werden halbjährlich die Strukturen von Vorständen und Aufsichtsräten der im Wiener Börse Index gelisteten österreichischen Unternehmen analysiert.
„Dringender Handlungsbedarf“
Die Zahlen zeigen „den dringenden Handlungsbedarf auf und die Notwendigkeit, in den Gremien mehr Diversität sicherzustellen!“, so Helen Pelzmann, Partnerin (EY Law) und Verantwortliche für die Initiative „Women. Fast Forward“ bei EY Österreich, die Ergebnisse.
Helen Pelzmann, Partnerin (EY Law) und Verantwortliche für die Initiative „Women. Fast Forward“ bei EY Österreich
Laut Pelzmann brauche es "einen gemeinsamen Schulterschluss auf allen Ebenen – vor allem aber deutliche Fortschritte und Maßnahmen seitens Politik und Wirtschaft. Von Diversität geprägte Führungsteams können Unternehmen zu neuen Lösungen führen und die Innovationskraft steigern – ein wichtiger Faktor für den langfristigen Erfolg. Die von den EU-Mitgliedsstaaten und dem europäischen Parlament vorgegebene Geschlechterquote auf Vorstandsebene ist dazu ein wesentlicher Schlüssel.“
Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Ausschlaggebend für den Wandel sei es auch, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für beide Geschlechter zu fördern: „Bis auf Ausnahmen wird das Zusammenspiel von Beruf und Familie fast ausschließlich als eine Frauen, aber nicht Männer betreffende Frage diskutiert. Lenkungs- und Vereinbarkeitsmaßnahmen für Männer wie Teilzeit oder Jobsharing werden in vielen Unternehmen kaum forciert. Um Frauen in Führungspositionen zu unterstützen, müssen der Blick auf beide Geschlechter gerichtet werden und individuelle Lebensmodelle für Frauen sowie Männer gefördert werden.“
Rückgang bei Aufsichtsräten
Der Anteil weiblicher Aufsichtsratsmitglieder ist seit dem Beginn der Erhebung im Jahr 2015 in jedem Jahr kontinuierlich gestiegen, 2023 ist erstmals ein minimaler Rückgang um rund einen halben Prozentpunkt zu verzeichnen. Seitdem mit 1. Jänner 2018 die gesetzliche Genderquote von 30 Prozent in Kraft getreten ist, erhöhte sich der Frauenanteil in den Kontrollgremien der österreichischen WBI-notierten Unternehmen deutlich und kontinuierlich von 18,8 Prozent (Stichtag: Dezember 2017) auf aktuell 30,4 Prozent im August 2022. Mit 29,8 Prozent im Jänner 2023 stagniert der Frauenanteil im Aufsichtsrat zum ersten Mal seit Einführung der verpflichtenden Quote und ist sogar leicht rückläufig. Von den derzeit 527 Aufsichtsratsmitgliedern der im WBI notierten österreichischen Unternehmen sind 157 Frauen. In 50 der 56 untersuchten Unternehmen gibt es aktuell mindestens eine Frau im Aufsichtsrat. 38 Unternehmen beschäftigen zwei weibliche Aufsichtsratsmitglieder – das sind zwei Unternehmen weniger als im Vorjahr.
„Bei der Einführung der Quotenregelung für Aufsichtsräte gab es viele Bedenken und Diskussionen. Auch wenn Quoten sicher kein Allheilmittel sind, sehen wir in diesem Fall einen ganz klaren Effekt: Seit der Einführung ist der Frauenanteil in den Kontrollgremien deutlich gewachsen. Die Quote hat die Themen Diversität und Gleichstellung weiter nach oben auf der Unternehmens-Agenda gehievt und damit ihren Zweck erfüllt, das Bewusstsein zu schärfen und gezielter nach geeigneten weiblichen Gremiumsmitgliedern zu suchen“, so Pelzmann.