Tracht F/S 23: Trachtenbranche auf Aufholjagd
Wenger

Entspannt und lässig – oder couturig für den großen Auftritt: Trachtenerzeuger aus dem Alpenraum gehen mit klaren Konzepten in die neue Saison. Jetzt muss nur noch der Trachtenhandel den guten Prognosen trauen.

Der Trachtenhandel agiert wieder mit Optimismus, dazu mögen die Abhaltung vieler Volksfeste und die in wenigen Tagen startende Münchner Wiesn beitragen. Wenn am 26. August die Trachten-Ordertage in der Brandboxx und die »Salt« in den Showräumen im Gusswerk starten, herrschen gute Voraussetzungen für rege Ordertätigkeiten. Die Altlager sind leer, Abschriften fielen in den letzten Monaten deutlich geringer als in den letzten Jahren aus und die Nachfrage nach Bekleidung, die um ökologische und soziale Nachhaltigkeit bemüht ist, steigt an. Keine schlechten Zeiten also für die Trachtenerzeuger, die es irgendwie geschafft haben, zwei Jahre mit Umsatzrückgängen zwischen 50 und 80 % klarzukommen – und die von Lockdown und Pandemie geprägten Saisonen zu überstehen. Trachtenhochzeiten, sagen Erzeuger wie Händler, hätte sie über die schweren Monate in 2020/21 gerettet, mit dem Fall aller Corona-bedingten Schranken gehe nun der Umsatz insgesamt wieder nach oben. Viele kleinere Volksfeste konnten heuer bereits durchgeführt werden, es gibt wieder Nachholdbedarf bei Dirndl & Co.

DIRNDLCOUTURE, JACKEN, LEDERHOSEN, STRICK

Nach Saisonen, in denen sich die Trachtenhersteller aus reiner Verzweiflung auf modische Themen setzten, weil Dirndl und Homeoffice so gar nicht zusammenpassten, findet jetzt das große Comeback traditioneller Trachtenthemen statt. Bei den Frauen heißt das: das Dirndl ist wieder da! Es kommt meistens als Meisterstück daher, als trachtig-modisches Highlight, mit dem man als Hochzeitsgast und bei großen Festspielen gute Figur macht. Damenhaft-erwachsen in Midi-Länge, aus edlen Baumwoll- und Leinenqualitäten mit strahlenden Seidenschürzen und hochgeschlossenen Spitzenblusen mit und (wer sich traut) ohne Ärmel. Kostbar bestickte Mieder aus Seide, Leder oder Samt und reichhaltige Verzierungen in Form von Borten und Bändern mixen gekonnt traditionelle Dirndl-Couture mit verspieltem Boho-Chic. Der Bindegürtel aus Leinen, ebenfalls reichhaltig bestickt, wird statt oder mit Schürze getragen und bildet zumeist einen aufsehenerregenden Farbtupfer.

Was denn Frauen das Dirndl, ist den Männer wieder Lederhose, Pfoad und lässige Leinenjacke. Die neuen Lederhosen aus feinsten Hirschlederqualitäten sind mit aufwendigen Schnürungen und Stickereien wieder das ganz große Thema in der Herrentracht. Das »bequemste und logischste« Kleidungsstück der Männerwelt zählt schon zum Orderstart zu den großen Gewinnern. Und: Immer mehr Frauen machen es denn Männer nach, auch hier ziehen die Umsatzzahlen deutlich an.

Zur Lederhose tragen Frauen witzig-bedruckte Shirts oder gerade geschnittene Leinenblusen, bei den Männern bleibt das traditionelle Pfoad, die links-links Strickjacke oder Westen aus einer Vielzahl von Qualitäten hoch im Kurs.

JACKEN, JACKEN, JACKEN

In einem Punkt setzen die Trachtenerzeuger auf einen Megatrend aus dem Modebusiness für Frühjahr/Sommer 2023: Jacken, Blazer, Ischler-Jäckchen aus Baumwolle, Leinen, Jägerleinen oder Baumwoll-Stretch-Mischungen propagieren die neue Angezogenheit. Sie sind klar, clean, aufgeräumt und naturnah und werden sich als Allround-Begleiter bewähren – auch im Office und beim Afterwork. Bedruckte Röcke (Blumenmotive und teilweise überdruckte Mikromuster) und lässige Chinos sowie Bermudas sind die idealen Kombipartner der neuen Jackenparade. Handbestickte Hemden und Hemdblusen aus Baumwolle oder Baumwollsatin mit Biesen und aufwendige gestalteter Ärmelpartien haben das Zeug zu mengenfähigen Bestsellern.

stats