Die erste Ausstellung in dem im Frühjahr eröffneten Museum der verstorbenen Milliardärswitwe Heidi Horten fokussiert auf das Bild der Frau in der Kunst und zeigt Roben der Sammlerin, u. a. von Yves Saint Laurent und Christian Dior.
»Look« wie das Aussehen, aber auch »look« wie eine Aufforderung zum Schauen: Mit der ersten Themenausstellung nach der Eröffnungsschau, in der vor allem die Architektur im Zentrum stand, widmet sich die Heidi Horten Collection dem Bild der Frau und dem Blick auf Frauen in der Kunst. Das Spektrum reicht vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, von glamourösen Divas, modernen Frauen der Avantgarde, kontemplativen Porträts und psychologisierenden Weiblichkeitsdarstellungen über Accessoires mit Fetischcharakter und Aktbildnissen bis hin zu feministischen Gegenpositionen.
Haute Couture der 1980er-Jahre
Daneben präsentiert die Ausstellung Haute-Couture-Kleider mit einem Fokus auf die 1980er-Jahre von Christian Dior, Givenchy, Yves Saint Laurent, Jean Patou und Jean-Louis Scherrer, die sich Heidi Goëss-Horten exklusiv schneidern ließ. Mode wird seit dem 19. Jahrhundert als Paradigma der modernen Kultur verstanden und ist das beherrschende Modell für das Hier und Jetzt, für Zeitgeist, Gesellschaft und deren Wandel.
Die kurz nach der Eröffnung des Museums im Frühjahr dieses Jahres verstorbene Sammlerin selbst ist nicht zuletzt durch diese inhaltliche Verquickung mit Haute Couture sehr präsent – was »Look« auch zu einer bewussten Hommage macht. Die gezeigten Werke gehörten zum direkten Lebensumfeld der Sammlerin, zeigen ihre sehr persönliche Auswahl und spiegeln dabei ihre selbstbewusste Persönlichkeit.
Das Abendkleid »Matisse« von Yves Saint Laurent aus 1980
Kuratiert mit Arthur Arbesser
Sammlungsleiterin Christiane Kuhlmann, die die Schau gemeinsam mit dem österreichischen Modedesigner Arthur Arbesser kuratiert hat, bezeichnet »Look« als »Panorama der Blicke auf das Weibliche«, wobei sich vor allem der Blick der vorwiegend männlichen Künstler von Klimt und Schiele über Warhol und Klein bis hin zu den Designs großer Modezaren wie Yves Saint Laurent und Christian Dior niederschlägt. Dieses Umstands ist man sich bewusst, weshalb sich im zweiten Obergeschoß auch – meist erst in den vergangenen zwei Jahren angekaufte – Arbeiten von Birgit Jürgenssen, Gudrun Kamp oder Michèle Pagel finden. Dennoch betont Kuhlmann, dass es immerhin eine Frau gewesen sei, die diese Frauenbildnisse gesammelt habe, die Arbeiten könnten auch als »erweitertes Porträt der Sammlerin« verstanden werden.
Egon Schiele trifft auf Yves Saint Laurent
Dabei funktioniert die Kombination von Kunst und Mode erstaunlich gut: Thematisch startet man mit »Stars und Glamour« und stellt etwa Andy Warhols Blick auf Marilyn Monroe, Liz Taylor und Lee Radziwill neben exquisite Roben der Sammlerin, die ästhetische Blickachsen ermöglichen. Diese finden sich auch im Kapitel »Aufbruch in die Moderne« wieder, in dem man Parallelen zwischen Egon Schieles »Damenbildnis (Wally Neuzil)« von 1912 mit dem Abendkleid »Matisse« von Yves Saint Laurent gefunden hat. Weitere Kapitel sind dem Porträt – hier fehlt natürlich auch nicht ein Gemälde der Sammlerin von Margot Utvar aus dem Jahr 1972 –, dem Akt (von Ernst Ludwig Kirchner über Edgar Degas bis Tom Wesselmann) und schließlich dem »Female Empowerment«, also der weiblichen Ermächtigung, gewidmet.
Auch ikonische Werke wie Egon Schieles Damenbildnis Wally aus 1912 finden sich in der Ausstellung.
Vom männlichen zum weiblichen Blick
Dem »Perspektivenwechsel« weg vom männlichen Blick trägt man etwa mit einer Reihe von Zeichnungen von Birgit Jürgenssen (mit Titeln wie "»ich den weg pfluegen«), einem etwas anderen Büstenhalter von Michèle Pagel oder den »Alaia Shoes« von Sylvie Fleury Rechnung. Apropos Schuhe: In der Sammlung findet sich auch eine Serie von Warhol-Schuh-Drucken aus den 1950er-Jahren. In den späten 1950ern und 1960ern entstand übrigens auch eine Reihe von Schwarz-Weiß-Fotos von Heidi Horten, in der die Entwicklung des jungen Mädchens hin zur Milliardärsehefrau eindrücklich nachgezeichnet werden.
Verschenkte Kleider wurden »zurückgesammelt«
In einem der Kabinette schließlich widmet man sich ganz der Korrespondenz Hortens mit namhaften Modeschöpfern, die ihr Originalzeichnungen mit Stoffmustern schickten und Änderungen der Auftraggeberin umsetzten. Dass Horten nicht nur Kunst gesammelt hat, sieht man im »Tea Room«, wo das Kunsthandwerk im Zentrum steht. Die Palette reicht dabei vom Wigand-Handarbeitskästchen mit Aquarellen von Wiener Ansichten bis zur vergoldeten Walnuss, die als Miniatur-Necessaire diente. Ihre Kleider hat Horten – trotz ihres immensen Werts von mehreren zehntausend Euro pro Stück – übrigens nicht gesammelt. Sie schenkte die Stücke im Bekanntenkreis weiter, von wo sie für die Ausstellung »zurückgesammelt« wurden.
Kunst und Haute Couture Seite an Seite
Bei all der Würdigung der Sammlerin als Person gibt die Schau einen tiefen Einblick in den reichen Fundus, der dem Museum für künftige Ausstellungen noch zur Verfügung steht. Die luftige Hängung der über 120 Werke und 22 Roben gibt Raum für überraschende Blickwinkel und lädt bisweilen zu einem zweiten »look« ein.
Die Ausstellung »Look« läuft in der Heidi Horten Collection in Wien von 21. Oktober bis 16. April 2023.