11/22 Österreichische Post Ag. MZ 02Z032321 M, Manstein ZeitschriftenverlaggesmbH, Euro Plaza 5, Gebäude J, Kranichberggasse 4, 1120Wien; Retouren an Postfach 100, 1350Wien Wintersport: Auf zu Neuen GipfelN © Giorgio Armani / Daniel Clavero
Inhalt 11/22 textilzeitung 3 Interaktion – aber wer mit wem? Galeria Kaufhof kämpft wieder einmal ums Überleben. Wie viele Schutzschirme Rene Benko noch brauchen wird, um immer weniger Filialen über Wasser zu halten, ist ungewiss. Etwas mehr Durchhaltewillen und das nötige Geld dazu hätte man dem Österreicher wohl zugetraut. Im Luxusbereich geigt er weiterhin auf. „Lamarr“ wird das Wiener KaDeWe heißen – viele der zukünftigen KaufhausKunden werden Hedy Lamarr nicht einmal vom Hörensagen kennen, aber besser als „Oberpollinger“ klingt der Name allemal. In der Mode herrscht gerade viel Bewegung: Während die einen ums Überleben kämpfen, bereiten die anderen ihren Eintritt ins Metaverse vor. Discount und Luxus boomen, in der Mitte weht der Wind nochmal schärfer. Hier hört man nicht mehr viel davon, dass Krisen so tolle Chancen für alles Mögliche darstellen. Vordenker sind nach wie vor der Meinung, dass die Verwerfungen der letzten Jahre auch positive Seiten haben. Der Oxford-Professor Ian Goldin sagte anlässich eines Vortrags im Rahmen der GDI-Handelstagung am Zürichsee: „Die Pandemie hat Interaktion ermöglicht, die unter normalen Bedingungen 20 Jahre länger gedauert hätte.“ Dem ist nichts hinzuzufügen. Jetzt aber gilt es, sicherzustellen, dass nicht nur Konzerne von dieser Interaktion profitieren, sondern alle Marktteilnehmer. Die großen Social-MediaGiganten schmeißen gerade reihenweise Leute raus. Auch eine Form der Interaktion. Handel Galeria schrumpft auf „harten Kern“ 11 Neue läden Ein Überblick von Wien bis London 14 internationale schauen Ein Blick nach Mailand 22 Sportswear Trends, Themen und Treiber im Sport Industrie Hugo Boss bricht Rekorde 28 18 Business news Wiener KaDeWe wird Lamarr heißen 04 08 ShoppingCenter-Markt- führer SES freut sich über gute Umsätze und neue Mieter. 20 Sexy Outfits, viel nackte Haut und ein Hauch von Romantik: Ein Fazit zur Modewoche in Paris. 36 Beeinflusst Sport die Mode? Oder doch die Mode den Sport? Ein Überblick in sieben Punkten. 24 Neue Marken, neues Glück? Ein „Best of“ der Label to Watch aus DOB und HAKA. © Eva trifft © Mey © Toni Sailer ©Picturedesk
11/22 textilzeitung 4 Business News Das Wiener Kaufhaus soll dem Luxussortiment im Berliner KaDeWe um nichts nachstehen. Das künftige Luxuswarenhaus der KaDeWe Group auf der Wiener Mariahilfer Straße wird den Namen „Lamarr“ tragen. Damit erweist man der aus Wien stammenden HollywoodDiva und Erfinderin Hedy Lamarr. Die 1914 geborene und 1937 nach Hollywood ausgewanderte Hedy Lamarr galt einst als schönste Frau der Welt, bekämpfte aktiv den Nationalsozialismus und entwickelte in den 1940ern ein abhörsicheres Funksystem mit, auf dem heute u. a. der Bluetooth-Standard basiert. Lamarr wird im gesamten Haus an verschiedenen Stellen gewürdigt – u. a. in einem Museumscafé und mit Zitaten an der Wand wie: „Gebt Euer Geld aus. Die meisten Menschen sparen ihr ganzes Leben und überlassen es dann jemand anderem. Geld sollte genossen werden.“ Der rund 1.000 m² große Dachpark, der als öffentlich zugängliche Gartenanlage der Stadt firmiert, wird den Namen Hedy-Lamarr-Park tragen. Ab Ende September 2024 soll das neue Lamarr mit seinen 20.000 m² die Gäste auf acht Stockwerken begrüßen. Zum Gesamtprojekt gehört auch ein Hotel der Hyatt-Gruppe unter der Marke Thompson Vienna. Aufhorchen ließ André Maeder als Chef der KaDeWe Group mit der Ankündigung, dass das Lamarr in Wien dem Luxussortiment im Berliner KaDeWe um nichts nachstehen werde: „Wir werden alle Top-Luxusmarken nach Wien holen, die wir in Berlin haben“, kündigte Maeder an. Und: „Unsere Häuser sind der Hero der Städte.“ Das Kaufhaus soll neben viel Mode und Lifestyle auch großzügige Kinder-, Sport- und Home-Abteilungen haben. Die Lebensmittelabteilung wird im Untergeschoss sein, die sechs Restaurants mit einer 300 Sitzplätze umfassenden Terrasse im sechsten Stock. MF Wiener KaDeWe wird „Lamarr“ heiSSen Humanic schreibt wieder Gewinne Vorsichtige Prognose für 2022 Nach einem herben Verlust im Jahr 2020 konnte die HumanicMutter Leder & Schuh AG ihre Umsätze 2021 wieder um 7 % auf 161,1 Mio. Euro steigern. Das zeigt der Jahresabschluss im Amtsblatt der Wiener Zeitung. Im In- und Ausland erzielte die Unternehmensgruppe mit Sitz in Graz 2021 einen Umsatz von 280 Mio. Euro (+ 6,5 %) teilt der Schuhhandelskonzern ergänzend mit. Nach einem Jahresfehlbetrag von 35 Mio. Euro im Jahr 2020 drehte das Jahresergebnis der Leder & Schuh AG 2021 wieder auf + 3,1 Mio. Euro. Für die gesamte Unternehmensgruppe wird für 2021 ein Gewinn vor Steuern von 1,6 Mio. Euro gemeldet. Mit Ende des Geschäftsjahres 2021 betrieb die Gruppe 203 Filialen, um drei mehr als ein Jahr davor. Das laufende Jahr startete für das Unternehmen, zu dem neben Humanic auch die Marke Shoe4You gehört, weniger erfreulich. Die Umsatzziele konnten zum Jahresstart nicht erreicht werden, der Fortbestand des Unternehmens sei „derzeit“ jedoch sichergestellt, heißt es im Geschäftsbericht. Wesentlich sei jedoch, dass es keine weiteren Lockdowns gebe und dass sich die Nachfrage wieder erhole. MF © K18
Business News 11/22 textilzeitung 5 Sorelle Ramonda, AVVA, Tally Weijl, The G In der ShoppingCity Seiersberg jagt diesen Herbst eine modische Neueröffnung die nächste. Dabei findet sich auch einiges abseits der „üblichen Verdächtigen“. Am 15. September feierte der italienische Modehändler Sorelle Ramonda die Eröffnung seiner neuen 3.500 m² großen Filiale. Zuvor hatte der Großflächenanbieter sein Geschäft im nahen Center West in Graz geschlossen. Am 1. Oktober eröffnete das türkische Herrenmodelabel AVVA seinen ersten Store in Österreich in Seiersberg. Am 6. Oktober folgte Tally Weijl. Am 15. Oktober sperrte das ebenfalls neue Sneakers-Konzept The G einen seiner ersten Läden auf. Bisher betreibt The G Filialen im Kaufhaus Tyrol in Innsbruck sowie in der PlusCity in Pasching, weitere Eröffnungen sind angekündigt. Auch der rasant expandierende Diskonter Pepco soll in Kürze in Seiersberg einziehen. »Die ShoppingCity Seiersberg verzeichnet aktuell eine Steigerung der Kundenfrequenz im Vergleich zu den Jahren vor COVID-19«, teilt das Centermanagement mit. MF Viele Neue Shops in Seiersberg Rekordzahlen für Bestseller-Gruppe Geschäftsjahr 2021/22 Für die dänische Modegruppe Bestseller war das Geschäftsjahr 2021/22 (per Ende Juli) das mit Abstand umsatzstärkste und ertragsreichste der Unternehmensgeschichte. Eigentümer Anders Holch Povlsen schwärmt von »Ergebnissen, die wir vor einigen Jahren nicht einmal zu hoffen gewagt hätten«. So konnte die Gruppe, zu der Marken wie Jack & Jones, Vera Moda und Only gehören, ihren Umsatz um 33 % auf umgerechnet 4,7 Mrd. Euro steigern. Verglichen mit vor Corona (GJ 2018/19) liegt das Plus sogar bei 36,5 %. Während in den beiden Vorjahren v. a. die Online-Verkäufe wuchsen, erholte sich nun auch das stationäre Geschäft merklich. Sowohl das Betriebsergebnis EBIT als auch das Jahresergebnis fielen mit umgerechnet 841,2 Mio. bzw. 690,8 Mio. Euro mehr als doppelt so hoch aus wie 2018/19. Das neue Jahr sieht CFO Thomas Borgium Jensen herausfordernder: »Es gab klare Anzeichen für höhere operative Kosten aufgrund des makroökonomischen Umfelds und einer vorsichtigeren Haltung einiger Kundensegmente.« Trotzdem wird ein mittleres bis hohes einstelliges Umsatzwachstum erwartet, bei leicht rückläufigem Gewinn. MF © Vero Moda © ShoppingCity Seiersberg Bild links: Im Oktober launchte Vero Moda mit Victoria Waldau, einer der bekanntesten Influencerinnen Dänemarks, eine neue Capsule Kollektion. Bild rechts: Anfang Oktober eröffnete im größten Einkaufszentrum im Süden Österreichs der erste Store des türkischen Herrenausstatters AVVA.
11/22 textilzeitung 6 Business News Gerrit Schneider leitet Bogner Künftig ohne Heinz Hackl Das Premium-Sportmode-Label Bogner zeigt sich mit seinem besten Jahr seit 2015 in Höchstform und scheint die existenzielle Krise von 2020 überwunden zu haben. Nun verabschiedet sich CEO Heinz Hackl aus dem Unternehmen. Damit fungiert Gerrit Schneider künftig als alleinige Spitze. Die beiden haben Bogner seit April 2020 als Co-CEOs geführt. Hackl verlässt das Unternehmen einvernehmlich, um sich zukünftig eigenen Projekten zu widmen, wie es heißt. Andreas Baumgartner, bis 2020 CEO, wird seine Beraterrolle intensivieren und fortan in allen Design- und Produktbereichen wieder näher beim Management arbeiten. Außerdem wird das Unternehmen in eine GmbH umgewandelt, was wiederum für eine Vereinfachung der Strukturen sorgen soll. MF Klares Umsatzplus für Nonfoodhandel Nach drei Quartalen Der österreichische Einzelhandel (ohne KFZ-Handel und Tankstellen) konnte in den ersten drei Quartalen seine Umsätze gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 6,1 % steigern. Dabei zehrte jedoch die Teuerung das Wachstum auf. Real bedeutet das ein Absatzminus von 0,5 %. Innerhalb der Branche gibt es starke Unterschiede: So schlug sich der Nonfoodhandel mit einem nominellen Plus von 7,7 % klar besser – er konnte auch seine realen Absatzzahlen um 1,5 % steigern. Der Lebensmittelhandel steigerte die Umsätze hingegen nur um 4,2 %, das bedeutet ein reales Minus von 2,9 %. Im September lag das Umsatzplus im Nonfoodhandel bei 8,8 % (real: +1,5 %). MF Wolford braucht Eigenkapital Kapitalerhöhung geplant Die jüngste Halbjahresbilanz fiel für Wolford abermals desaströs aus. Zwar konnte der Vorarlberger Wäschekonzern seine Umsätze gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 29 % auf 54,3 Mio. Euro steigern. Gleichzeitig explodierte aber der EBIT-Verlust auf -16,9 Mio. Euro. Auch die Ergebnisprognose für das Gesamtjahr wurde deshalb nach unten revidiert. Das Eigenkapital ist zur Gänze aufgebraucht. Abermals hilft der Haupteigentümer, die Fosun Fashion Group, nur einem Gesellschafterdarlehen aus, lässt sich dieses jedoch mit 12 % p. a. teuer verzinsen. Nun wird eine Kapitalerhöhung angestrebt. Auch die Chefsuche läuft weiter: Anfang August wurde Paul Kotrba interimistisch für sechs Monate zum neuen COO bestellt. MF XXL: Österreich-Geschäft am Prüfstand Norwegischer Sporthändler überlegt Rückzug Als der norwegische Händler XXL Sports & Outdoor im Jahr 2017 nach Österreich kam, wollte man mit mittelfristig 15 bis 20 Filialen den Markt aufmischen. Fünf Jahre hält der Großflächenanbieter bei acht Filialen landesweit. Und schon bald sollen es nicht mehr, sondern weniger werden, heißt es in Bericht von „Der Standard“. In der Branche sei von einem Rückzug des Händlers aus Österreich die Rede, schreibt „Der Standard“. Ein Versuch, die Standorte im Paket an andere große Einzelhändler abzugeben, soll gescheitert sein, stattdessen würden die Geschäfte nun einzeln angeboten. Ein Ausstieg aus den langfristigen Verträgen für die Filialen sei aber schwer. Das Unternehmen selbst bestätigt bloß, dass „verschiedene strategische Optionen für unser Österreich-Geschäft geprüft“ würden. Fix seien einstweilen die Schließung eines Stores im ersten Quartal 2023 und der Auszug aus dem Zentrallager. Dieses wurde erst 2021 in der Nähe des Wiener Flughafens eröffnet. Laut den Geschäftsberichten hat XXL bisher in Österreich ausschließlich Verluste angehäuft. Der Jahresumsatz lag zuletzt (2021) bei umgerechnet 39 Mio. Euro und damit um 15,5 % unter dem Niveau von 2020. Neben den Lockdowns hätten auch Lieferschwierigkeiten zum Umsatzrückgang beigetragen, schreibt das Management im Jahresbericht. Österreich sei ein „harter Markt“, heißt es von Konzernseite nun, und, recht allgemein: „Wir müssen die finanziellen Verluste stoppen und haben mehrere Maßnahmen eingeleitet, um das Ruder herumzureißen.“ MF © Modijefsky © Eva trifft © Bogner © XXL Sports & Outdoor
11/22 textilzeitung 7 Primark erholt sich nur langsam Umsätze weiter klar unter 2019 Der britischen Textildiskonter Primark konnte Umsatz und Gewinn im Geschäftsjahr 2021/22 (per 17. September) deutlich steigern. Besonders für Großbritannien und Irland werden starke Geschäfte gemeldet. In Kontinentaleuropa blieb der Handel jedoch weiterhin unter dem Niveau von vor der Pandemie. Konkret verzeichnet der Diskonter gegenüber 2020/21 ein Umsatzwachstum von 38 % auf 7,7 Mrd. Britische Pfund, wobei das Vergleichsjahr noch stark von Corona-Maßnahmen gezeichnet war. Im Vergleich zu 2018/19 hinkt der Gruppenumsatz expansionsbereinigt dann auch weiterhin um 10 % hinterher, in Kontinentaleuropa sogar um 16 %. Klar zum Vorjahr verbessert haben sich auch die Ergebniskennzahlen. Mit 756 Mio. Pfund wurde der operative Gewinn mehr als verdoppelt. Die operative Marge liegt mit 9,8 % nur noch knapp unter dem Zielwert von 10 % (VJ: 7,4 %). Angesichts der Kostenexplosion geht man eher sorgenvoll ins neue Geschäftsjahr. Die Marge werde wieder unter die 8,0-Prozent-Marke fallen, heißt es. MF © Picturedesk 10. – 13. 1. 2023 FRANKFURT/ MAIN www.heimtextil.messefrankfurt.com office@ messe-frankfurt.at Tel. +43 1 867 36 60 60 Wow your senses. Inspirieren Sie Ihre Sinne: auf der international einflussreichsten Messe für Wohn- und Objekttextilien mit neuesten Trends, Vorträgen und Führungen für wissenshungrige Textilprofis. Knüpfen Sie neue Businesskontakte und gewinnen Sie einen ganzheitlichen Marktüberblick. Innerhalb weniger Tage – das geht nur auf der Heimtextil mit dem WOW. The true TEXTILES-TRENDS-TALKS experience. Bleiben Sie up to date und abonnieren Sie unseren Newsletter!
11/22 textilzeitung 8 Shopping Center © Jost Gantar, SES „Im September hatten wir erstmals seit Ausbruch der Pandemie nicht nur ein Umsatz-, sondern auch ein Frequenzplus“, freut sich Christoph Andexlinger, Geschäftsführer von SES Spar European Shopping Centers. „Das Geschäft hat in alle Branchen stark angezogen.“ Konkret lagen die Besucherfrequenzen im September um 8 %, die Umsätze sogar um 20 % über 2019. Aufgelaufen setzten die Handels- und Gastronomiebetriebe in den Zentren der SES in den ersten drei Quartalen bereits um 4 % mehr um als im letzten Jahr vor Corona. Gegenüber 2021 bedeutet das ein Plus von 16 %. Die Besucherfrequenzen lagen in den österreichischen SES-Einkaufszentren bis Ende September um 12 % über dem Vorjahr – aber immer noch um 8 % unter 2019. Auch der vielgeprügelte Modehandel kann sich heuer wieder profilieren. In den ersten drei Quartalen lagen die Umsätze in den Modegeschäften der heimischen SES-Zentren nur noch um 4 % unter 2019, im September wurde jedoch schon ein Plus von 14 % erreicht. „Der Textilhandel hat in den letzten Monaten einen richtigen Push erfahren“, urteilt Andexlinger. Dieser positive Trend habe sich im Oktober fortgesetzt – endgültige Zahlen lagen zu Redaktionsschluss aber noch nicht vor. Nun müsse man weiter daran arbeiten, die guten Frequenzen auch langfristig wieder auf diesem hohen Niveau zu stabilisieren. Denn: „Wir verkaufen nicht Flächen, sondern Frequenz“, ist sich der SES-Manager bewusst. Die Leerstandsrate ist in den zwei Corona-Jahren praktisch nicht gestiegen, auch dank der guten Zusammenarbeit mit den Pächtern. „Uns war klar, dass wir unseren Beitrag leisten müssen, wenn wir auch nach der Pandemie Shop-Partner haben wollen. Wir haben jeden einzelnen unserer 1.800 Verträge durchbesprochen. Bei 99,5 % konnten wir uns gut partnerschaftlich einigen“, blickt Andexlinger zurück. „Nur einige wenige Unternehmen haben sich komplett aus Österreich zurückgezogen.“ Das groSSe Aufatmen Die jüngste Perle im Portfolio der SES ist das 2020 eröffnete Aleja in Ljubljana, das vom Fachmagazin „Retail & Leisure International“ als beste Neueröffnung ausgezeichnet wurde. Christoph Andexlinger, COO SES Im Herbst zählten die Shopping Center des Marktführers SES erstmals wieder mehr Kunden als vor Corona. Geschäftsführer Christoph Andexlinger freut sich über neue Shop-Partner und denkt über weitere Projekte nach. Von Manuel Friedl
Shopping Center 11/22 textilzeitung 9 Diskontformate im Vormarsch Aktuell sei von Mieterseite wieder eine gute Flächennachfrage zu verspüren, freut sich Andexlinger. „Top-Marken entscheiden sich nur für Top-Standorte. Und die Wahl fällt dabei sehr oft auf die Shopping Malls von SES.“ Aktuelle Beispiele sind der neue Zara-Flagship-Store im Salzburger Europark oder das erste und auf absehbare Zeit auch einzige sogenannte „Tech-Village“ von MediaMarkt im Land, das am 12. Oktober im Kaufhaus Gerngross in Wien eröffnete. „Es sind vor allem Top-Marken und preisgünstige Anbieter im Bereich Young Fashion und Schuhe, die derzeit am besten funktionieren und am stärksten expandieren, ebenso wie Kindermode, Optik, Beauty und Wäsche“, berichtet Andexlinger. Der Modefilialist New Yorker etwa, der weiterhin auf einen Onlineshop verzichtet, funktioniere stationär derzeit „supergut“, während Zara zeige, wie man den stationären geschickt mit dem Onlinehandel verbindet. Zusätzlich wird der Shopmix in den SES-Zentren durch individuelle Konzepte und Fachhändler bereichert, wie etwa jüngst imWiener Neustädter Fischapark durch Laufsport Mangold oder durch das nachhaltige Konzept Damn Plastic im Salzburger Europark, das als „Retail Startup des Jahres 2022“ ausgezeichnet wurde. Immer stärker sei das Angebot auch abseits des Handels zu denken: Gesundheit, Fitness, Wohnen, Arbeiten, Kultur – eine Durchmischung der Funktionen mache Handelsstandorte attraktiver. Energie wird schon lange gespart Herausfordernd bleiben die Themen Personalmangel und Energiepreise. „Den Themen Energiesparen, Umweltverträglichkeit, nachhaltige Entwicklung und nachhaltiger Betrieb von Immobilien schenken wir von Beginn an große Bedeutung“, sieht Andexlinger die SES als Branchen-Vorreiter. Jüngst hat man sich das Energiemanagement-System für alle österreichischen und slowenischen Center vom TÜV zertifizieren lassen. Beim Flaggschiff Europark etwa konnte der Energiebedarf in den letzten Jahren um 40 % reduziert werden. Alle österreichischen Malls beziehen zu 100 % Ökostrom. Aufgrund der aktuellen Energiekrise wird die Außen- und Werbebeleuchtung seit einiger Zeit erst eine Stunde vor Öffnung der Shops aktiviert und bereits eine Stunde nach Ladenschluss ausgeschaltet. Von Symbolpolitik hält Andexlinger jedoch nichts. Die Weihnachtsbeleuchtung etwa soll in allen SES-Zentren beibehalten werden. „Die macht gerade einmal 0,1 % unseres Energieverbrauchs aus.“ Neue Marke S-Park Auch wenn sich das Expansionstempo in der Shopping-Center-Branche deutlich verlangsamt hat: Bei der SES wird weiter an neuen Projekten gearbeitet. Der Fokus liegt dabei auf innerstädtischen Lagen, multifunktionalen Nutzungen und der Modernisierung bestehender Standorte. Neue Wege geht die SES auch mit Retail-Parks der Marke S-Park. Der erste S-Park eröffnete im Vorjahr im ungarischen Kaposvár, Nummer zwei entsteht gerade in Varaždin (Kroatien). Auch hier stehen hohe Aufenthaltsqualität und Multifunktionalität im Vordergrund, etwa durch einen angeschlossenen Kinderspielplatz oder einen öffentlichen Bereich für Events. Mit gut zehn S-Parks sei in den nächsten fünf bis zehn Jahren zu rechnen, kündigt Andexlinger an. Als potenzielle Märkte nennt er Slowenien, Ungarn und Kroatien. In Österreich ist weiterhin die schon lange geplante Europark-Erweiterung Priorität Nummer eins. Längst liegen alle erforderlichen Gutachten vor, alle fielen positiv für das Projekt aus – trotzdem verweigerte der grüne Landesrat Heinrich Schellhorn die notwendige Unterschrift. Eine Anzeige der SES wegen Amtsmissbrauchs lief zuletzt ins Leere. Spätestens durch die Salzburger Landtagswahl im April 2023 werden die Karten in dieser Frage wohl neu gemischt. Vorgesehen ist ein Wachstum der Verkaufsfläche um 14.000 m², wobei allein 8.000 m² durch die Umwidmung von bisherigen Lagerflächen gewonnen werden sollen. In Lienz wird weiterhin an einem Shopping-Quartier mit 10.000 m² Handels- und Dienstleistungsfläche gearbeitet. Ansonsten widmet sich die SES akribisch der Optimierung ihres Bestands. Ein Trend ist die Öffnung der einst hermetisch von ihrer Außenwelt abgekapselten Shopping-Immobilien nach außen, etwa durch Schanigärten und freundlich gestaltete Außenzonen. So wurde kürzlich beim Zimbapark in Vorarlberg ein Teil des Parkplatzes zu einer Begegnungszone mit Wasserspielen und attraktiver Möblierung umgestaltet. Andexlinger: „So haben wir einen neuen Treffpunkt für Bludenz geschaffen.“ tz +43 1 535 53 05 colliers.at Ihr Ansprechpartner Nr. 1 für absolute Top-Lagen in der City. Colliers ist High Street! Wenn Sie eine Top-Location in der City suchen, haben wir sie schon für Sie: Sprechen Sie mit uns. „Diskontformate wie Pepco, HalfPrice oder TK Maxx sind mittlerweile in allen Einkommensschichten begehrt.“ Christoph Andexlinger, COO SES
11/22 textilzeitung 10 Shopping Center Anlässlich des 10-Jahres-Jubiläums des G3 stellte sich die Hamburger Betreiberin ECE einige grundsätzliche Fragen: Was sind die Stärken des Einkaufszentrums unweit der nordöstlichen Stadtgrenze Wiens? Welche Themen bewegen die Kunden? Wo tun sich neue Chancen auf? „Gegenüber unserem Wettbewerb haben wir einen besonderen Luxus: ausreichend Platz“, gibt Centermanagerin Funda Caglar Einblick in den Planungsprozess. Mit 70.000 m² Verkaufsfläche ist das G3 das fünftgrößte Shopping Center des Landes, dazu kommen noch 4.000 Parkplätze. Platz genug also, um das zu schaffen, was anderswo viel zu oft nur ein Schlagwort ist: Erlebniswelten. „Wir sind der Überzeugung, dass ein Shopping Center künftig mehr bieten muss als Handelsflächen“, so Caglar, die das G3 seit Anfang 2020 leitet. Sie sieht die einstige Handelsimmobilie auf dem Weg zum „Lifestyle-Hub“, wie sie es nennt. „Schon heute bieten wir Co-Working-Spaces an, oder auch ein Yoga-Studio.“ Lifestyle-Hub Der nächste große Schritt in diese Richtung ist das neue Sport-/Outdoor-Projekt, für das die Vorarbeiten bereits voll im Gange sind: Im Bereich des Eingangs A soll das Angebot der Bestandsmieter Intersport, Snipes und Northland um weitere Sporthändler ergänzt und auf gemeinsam 5.000 m² ausgebaut werden. Bereits verraten werden darf die Premiere des neuen Intersport-Konzepts „Home of Bike“ auf über 600 m². Betreiber ist wie bei der Intersport-Filiale die Familie Führer. Auch Moreboards wird neu ins Center ziehen. Gleichzeitig ist im Außenbereich, zwischen den Eingängen A und B, eine 3.000 m² große „Try-and-Buy-Area“ mit Fahrrad-Teststrecke, Pump-Track, Kletterwand, Mountainbike-Hügel und Shoe Trail geplant. Dafür wird der bestehende Parkplatz verkleinert. „Die Produkte aus den Shops sollen direkt vor Ort ausprobiert werden können“, erklärt Caglar. Dafür werden die Sportgeschäfte nach außen zum neuen Testgelände hin geöffnet. Die Outdoor-Area soll aber auch der Allgemeinheit und lokalen Vereinen abseits des Shoppings zur Verfügung stehen. Auch ein abwechslungsreicher Kinderbereich ist im Konzept enthalten. Genauso soll die Kinderbetreuung im bestehenden „Baumhaus“ erweitert werden. Die Eröffnung ist für die erste Jahreshälfte 2023 geplant, Center-Eigentümer ECE investiert ca. 12 Mio. Euro in das gesamte Projekt. Umsätze auf Niveau von 2019 Generell sieht die Centermanagerin ihr Center zum Jubiläum sehr gut am Markt etabliert. Alle Ankermieter von Primark über Humanic und Müller bis hin zu Hofer hätten ihre Verträge verlängert. Auch Marken wie McDonald’s, dm, Shoe4You, New Yorker, Humanic, C&A, Hunkemöller, Tom Tailor, Reformstark Martin, Le Clou oder Ernsting‘s Family bleiben im Center. „Das ist ein klares Zeichen dafür, dass uns unsere Bestandsmieter vertrauen“, so Caglar. Um Platz für den neuen Sport-Cluster zu schaffen, übersiedeln derzeit einige Mieter auf neue Flächen, darunter Turek, Schuhe Gössinger und Vianello. Only und Dem’s Gourmet haben ihre Geschäfte jüngst sogar vergrößert. Auch Versandhändler Otto ist mit seinem ersten stationären Showroom im Center zufrieden und will sein Engagement ausweiten. Die Umsätze haben bereits wieder die Vor-Corona-Werte erreicht, die Frequenz liegt jedoch noch unter 2019, verrät Caglar. „Aber was uns noch von anderen Centern unterscheidet: Wer zu uns kommt, lässt auch Geld da. Wir haben kaufkräftige Kunden.“ Zusätzlich zum angestammten Einzugsgebiet, den immer noch stark wachsenden Wiener Stadtteilen nördlich der Donau und dem Weinviertel bemerke man auch verstärkten Zuspruch aus den Wiener Bezirken südlich der Donau. „Wenn wir jetzt noch ein neues Angebot schaffen, das es in Wien nicht gibt, können wir diese interessante Zielgruppe noch besser für uns gewinnen.“ Teil des Refreshments ist, ganz den Notwendigkeiten der Zeit entsprechend, auch das Thema Nachhaltigkeit: Künftig soll der Strom umweltfreundlich mit einer Photovoltaikanlage auf dem Center-Dach erzeugt werden. Durch diesen grünen Strom soll künftig zumindest der Allgemeinstrombedarf des Centers (Beleuchtung, Rolltreppen etc.) gedeckt werden, was zu einer Reduzierung der Nebenkosten für die Mieterpartner führt. Zugleich werden weitere E-Ladestationen für Elektroautos und E-Bikes geplant. tz Sport-Erlebniswelt zum Jubiläum Zum 10. Geburtstag verpasst sich das G3 Shopping Resort Gerasdorf einen neuen USP: Nächstes Jahr wird ein SportSchwerpunkt samt großzügiger Outdoor- Flächen eröffnet. Von Manuel Friedl © G3 Shopping Resort
Handel 11/22 textilzeitung 11 Schon seit der Übernahme der Warenhauskette Karstadt im Jahr 2014 muss sich Rene Benko die Frage gefallen lassen: Kann und will der österreichische Immobilienunternehmer das Geschäftsmodell Warenhaus in die Zukunft führen oder ist er nur an den Immobilien interessiert? Umso mehr seit dem Kauf des Wettbewerbers Galeria Kaufhof im Jahr 2018 und der anschließenden Fusion unter dem Markennamen Galeria. Die Entwicklungen der letzten Jahre geben eher den Skeptikern recht: Bereits zum zweiten Mal innerhalb von zweieinhalb Jahren muss Galeria nun eine Sanierung über ein Schutzschirmverfahren versuchen. Zuvor hatte sich das Management vergeblich um Staatshilfe bemüht – auch das zum wiederholten Mal: In den letzten zwei Jahren waren bereits 680 Mio. Euro an staatlichen Hilfskrediten geflossen. Laut der Plattform businessinsider.de soll im Oktober ein Antrag auf weitere 238 Mio. Euro gestellt worden sein. Doch der politische Gegenwind für Benko war diesmal zu stark. Rettungsgespräche laufen Damit steht das Unternehmen vor weiteren drastischen Einschnitten: Waren im ersten Schutzschirmverfahren 2020 bereits rund 40 der damals 171 Standorte geschlossen worden, spricht Galeria-Chef Miguel Müllenbach nun davon, das Filialnetz müsse „um mindestens ein Drittel reduziert werden“. Damit stehen abermals mehr als 40 Filialen vor dem Aus. Laut Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz werde sogar „nur ein harter Kern“ an Kaufhäusern übrigbleiben. Welche, das soll in spätestens drei Monaten feststehen. Doch für die von der Schließung bedrohten Filialen könnte es schon bald Rettung geben. Ausgerechnet via „Bild“-Zeitung äußerte Markus Schön, Chef des deutschen Onlinehändlers Buero.de, sein Kaufinteresse für 47 der Warenhäuser. Interessiert sei Buero.de dabei an Standorten in mittelgroßen Städten. Alleine in Bayern will der Onlinehändler ein Dutzend Galeria-Häuser übernehmen, darunter jene in Aschaffenburg, Bamberg und Bayreuth. Erste Gespräche mit dem Galeria-Insolvenzverwalter laufen. Das Sortiment könnte durchaus geändert werden und auch in der Präsentation der Ware an manchen Standorten sieht Schön Veränderungspotenzial. Auch das eigene Sortiment an Bürowaren will Buero.de in den stationären Handel bringen. „Ich bin überzeugt, dass das Warenhauskonzept in mittelgroßen Städten eine Zukunft hat und wir dort Warenhauserlebnisse schaffen können wie früher“, sagt der 48-Jährige. Er wünsche sich eine Übernahme noch vor Weihnachten, sagte Schön der TextilWirtschaft. Das Interesse an Galeria Karstadt Kaufhof bestehe schon länger, doch frühere Anfragen seien unbeantwortet geblieben. 600 Mio. Euro Jahresverlust Im ersten Schutzschirmverfahren mussten auf Lieferantenseite Forderungen von rund 2 Mrd. Euro abgeschrieben werden. Doch die Hoffnung, dass der Konzern danach von Altlasten befreit erfolgreich durchstarten könnte, erfüllte sich nicht – die Coronakrise trug das ihrige dazu bei. Aktuell wiederum machen der Kette die hohen Energiekosten und die grassierende Konsumzurückhaltung zu schaffen. Davon unabhängig steht der Konzern aber schon viel länger unter Druck: Shopping Center, kompetentere Spezialanbieter und der Online-Handel nagen am Geschäft. Mit einem Umsatz von 2,11 Mrd. Euro sogar in dem von den Corona-Lockdowns geprägten Geschäftsjahr 2020/21 (per Ende September) ist Galeria aber immer noch ein enorm wichtiger Kunde für nahezu die gesamte Bekleidungsindustrie. Ein Jahresverlust von 622 Mio. Euro im gleichen Jahr spricht allerdings Bände. Für 2021/22 ist von einem „niedrigen bis mittleren dreistelligen Millionenverlust“ auszugehen, heißt es. Ziel des Schutzschirmverfahrens ist die wirtschaftliche Gesundung des letzten deutschen Warenhausriesen. Für das Schutzschirmverfahren benötigt das Warenhausunternehmen allerdings auch ganz kurzfristig Liquidität. Andernfalls könnte es schon bald in eine Regelinsolvenz rutschen. „Signa wird Galeria Karstadt Kaufhof auch weiterhin unterstützen“, sagte ein Signa-Sprecher dem Wirtschaftsmagazin Capital. Konkrete Angaben, welche Sanierungsbeiträge geplant sind, machte er nicht. Signa habe bisher „etwa eine Milliarde Euro in Galeria investiert“, so der Sprecher weiter. Und: „Ohne Signa gäbe es keine Warenhäuser mehr in Deutschland.“ tz Galeria schrumpft auf „harten Kern“ Rene Benkos Galeria Karstadt Kaufhof sucht erneut Rettung in einem Schutzschirmverfahren – zum zweiten Mal in zwei Jahren. Zumindest jeder dritte Standort wird geschlossen. von Manuel Friedl © Picturedesk
11/22 textilzeitung 12 Neue Läden Manche (Mode-)Unternehmer finden gar keinen Nachfolger, beim Kitzbühler Traditionshaus Frauenschuh stiegen gleich alle vier Kinder von CEO Kaspar Frauenschuh ins Unternehmen ein. Die 3. Generation hat es sich auch zum Ziel gesetzt, die 1950 als Ledermanufaktur gestartete Luxus-Sportswearmarke auf der ganzen Welt bekannt zu machen. Simon Frauenschuh, einer der beiden Frauenschuh-Söhne, vier Jahre im Unternehmen und in Paris lebend, streckt gerade seine Fühler in die ganze Welt aus. Nach einem Franchiseladen auf Sylt und dem neuen Laden im Herzen von München sieht Frauenschuh noch „viele schöne Plätze in Europa“, wo er die Marke gut aufgehoben fühlt. „Unsere Kollektion ist modern, nicht modisch. Unser Masterpiece-Konzept ist ganzjahresorientiert, unsere Skikollektion allein schon durch die lange Tragedauer nachhaltig und unsere Skikollektion kann auch fernab der Piste getragen werden: in Hamburg, in Zürich, in Paris.“ Zwei Kollektionen pro Jahr werden in Kitzbühel designt (und in Österreich und Italien produziert), viele Items wie die legendäre Fleecejacke haben Kultstatus. „Das meiste davon“ sagt Simon Frauenschuh, „sind Investments-Pieces, an denen man lang Freude haben kann.“ Für modische Neuigkeiten sorgen sechs Drops pro Jahr, allesamt Teile, mit denen man „Ski fahren, in der Stadt spazieren oder in Hawaii fischen“ kann. Less is more Das ist seit jeher das Motto der Frauenschuhs. Man brauche nicht viele Teile, um tolle Outfits zu kreieren; vielmehr setzt das Familienunternehmen auf moderne Produkte, die schön und funktionell sind. Keine großen Logos, kaum Marketingbudget: Es sind internationale Stars, die den einstigen Geheimtipp aus Kitzbühel in der Welt bekannt machten, allen voran Arnold Schwarzenegger. Mit Partnern in Hongkong, London, New York oder Los Angeles will man keine Partnerschaften eingehen, bevor man sich vergewissert hat, dass das Produkt in den richtigen Händen ist. „Wir arbeiten natürlich gern mit Familienunternehmen zusammen. Jedenfalls wollen wir Partner, die auf dem Level unseres eigenen Geschäfts in Kitzbühel sind.“ Geboten wird Kundenbetreuung auf höchstem Niveau: „Jeder Kunde, egal wo, der sich für unser Produkt interessiert, wird von mir besucht.“ Derzeit, sagt Frauenschuh, liegen Anfragen großer Department-Stores für Pop-ups vor. Eine schlichte, aber eigenständige Handschrift trägt auch der neue Laden in München. Eine überdimensionale Holzhand mitten imVerkaufsraum, eine zweite, die gleichsam aus einemWarenträger herauswächst: Frauenschuh überrascht im 200-Quadratmeter-Store, in dem Kollektionen von Walk bis Loden und von Lammfell und Kaschmir bis zur Skimode gezeigt werden. „Wir freuen uns sehr, dass wir in der Münchner Altstadt eine Adresse gefunden haben, weil sie unsere Leidenschaft widerspiegelt“, sagte CEO Kasper Frauenschuh anlässlich der Eröffnung, nämlich: „Zukunft und Traditionen zu vereinen“. Dabei soll die Gestaltung des Stores (Architektur/ Ladenbau: Hofmann & Losch; Licht: Günther Weiss, Luxled) die für Frauenschuh so wichtige Verbindung aus natürlichen Materialien sowie exzellenter und innovativer Handarbeit widerspiegeln. „Wir sind eine kleine Firma, die aber eine gute Basis hat“, freut sich Simon Frauenschuh auf die nächsten Schritte des Expansionsunternehmens. Einen schöneren Job kann er sich nicht vorstellen: „Man wacht jeden Tag mit einem Lächeln auf.“ BPM Sportswear auf höchstem Niveau Das Kitzbüheler Unternehmen Frauenschuh streckt seine Arme nach Bayern aus und eröffnet einen neuen Laden in München. Das ist Teil einer Internationalisierungsstrategie, die von Simon Frauenschuh vorangetrieben wird. Expansion, selektiv und mit Augenmaß. Simon Frauenschuh will die Marke auch in internationalen Großstädten etablieren. © Frauenschuh © Frauenschuh
11/22 textilzeitung 13 Neue Läden Neue Logo-Buchstaben aus Stahl auf der Sichtbeton-Fassade, atemberaubende Einblicke in den Erweiterungsbau: Von Frühjahr 2021 bis Anfang Oktober 2022 herrschte Baustellenbetrieb in der Gmundner Bahnhofsstraße. Die bereits bestehenden 2.700 m² Einzelhandelsfläche wurden um weitere 1.500 m² erweitert, weil zwei Nachbargrundstücke erworben werden konnten. „Als Corona kam“, sagt Hausherr Helmut Stögmüller, „nahm ich mir ein Jahr Bedenkzeit, ob der Zubau der richtige Schritt sei. Dann war ich mir sicher, dass wir es wagen sollten.“ Gemeinsam mit einem eingespielten Architektenteam (Architektur/Ladenbau: Heider, Buchegger/Stacher, Licht: Plan X) wurde die Baulücke gefüllt und der Stögmüller‘sche Wolkenturm (schon seit dem letzten Umbau 2002 erstreckte sich das Modehaus über vier Etagen, verbunden durch eine spektakuläre Treppenkonstruktion) schlicht und modern erweitert. Über 50 % mehr Fläche verfügt das Modehaus jetzt (bei lediglich 20 % mehr Warenvolumen), lichtdurchflutete, offene Verkaufsräume werden stets unterbrochen durch liebevolle Details und spielerisch verstreute Möbel. Beton, Kupfer und unbearbeitete Holzelemente geben den Kollektionen einen zeitgemäßen Rahmen – wie in modernen Galerien üblich. Auf der neuen, modernistischen Bühne gibt die Ware den Ton an. Neue oder erweiterte Shop-inShops (Marc O´Polo, Opus, BRAX, Raphaela und Eurex sowie Marc O´Polo Denim), größere Flächen mit bestehenden Partnern (beispielsweise Luisa Cerano, Monari, Lieblingsstück, Rabe, Ragwear, Joop! Jeans, Mason´s und Roy Robson) sowie neue Brands (wie Boss, 7 for all Mankind, Schierhold, Blauer, Fynch Hatton, Save the Duck, Chasin, Gran Sasso sowie Ecoalf bei Kids) ergänzen das schon bisher eindrucksvolle Markenportfolio des Modehauses, dessen Bedeutung weiter über Gmunden hinausstrahlt. Mango wurde nach den Damen auch für Kinder aufgenommen und Scotch & Soda gibt es jetzt für die ganze Familie. „Von der sogenannten Frequenz im Modehandel waren wir schon bisher unabhängig“, sagt Helmut Stögmüller, „für die Frequenz im Haus müssen wir selbst sorgen“. Also wurde schon die Baustelle mit Open-Air-Kino und einem „Baustellenkonzert“ belebt. Die Kidswear-Abteilung „stögi-KIDS“ erhielt einen neuen Auftritt – und am Dach des Modeturms haben sich die Stögmüllers ihren Traum von einer eigenen Gastronomie erfüllt. Der „DACHgarten“ wird 2023 nochmals um eine kleine Sonnenterrasse erweitert, schon jetzt wird das „Breakfast all day long“ von den Kunden gut angenommen. Photovoltaik und Wärmepumpe Nachhaltigkeit hat beim großzügigen Umbau von Start an eine entscheidende Rolle gespielt. „Wir werfen nie was weg“, sagt Stögmüller lachend, daher fand ein 2021 durch starken Hagel beschädigtes Rheinzink-Blech ebenso wieder Verwendung wie grünes Kupfer, das früher die Stögmüller-Fassade zierte. Wärmepumpen, eine PhotovoltaikAnlage und Betonkernaktivierung stellen für die Unternehmerfamilie bereits eine Selbstverständlichkeit dar. Auf eine große Feier zur Eröffnung wurde vorerst verzichtet. Der Hausherr verweist auf die lange Geschichte des Unternehmens: 2023, zum 125-Jahr-Jubiläum der Firma, werde man auch feiern, dass es in Gmunden jetzt noch mehr Freiraum für die Mode gibt. BPM Noch mehr Freiraum für Mode © Lorenz Kaiblinger Expandieren wollte Helmut Stögmüller, Chef des Gmundner Modehauses, schon länger. Nun wurde der große Zubau ganz unprätentiös eröffnet. Dabei birgt er eine spektakuläre Architektur in sich.
11/22 textilzeitung 14 neue Läden Mit ihren Stores in Wien und Velden und dem 2004 als Franchisepartner eröffneten Wiener Philipp-Plein-Store sind Manuela und Ernst Fischer feste Größen im österreichischen Modehandel. Mit Roberto Cavalli holt das Paar nun eine weitere LuxusBrand nach Wien. Im Münchner Luxushotel Bayerischer Hof mitten in der Altstadt lädt Riani neuerdings auf einer Fläche von 245 m2 zu Mode, Interieur und Liebe zum Detail ein. Roberto Cavalli, Wien Riani, München Am Bauernmarkt 2 auf 75 m2 und zwei Etagen werden Wiener Modebegeisterten dank Manuela und Ernst Fischer seit Mitte Oktober die animalischen Designs von Roberto Cavalli präsentiert. Für das Storekonzept orientierten sich „die italienischen Architekten am Design der internationalen Stores“, so eine Mitteilung. Die Boutique ist zur Gänze in hellen Creme- und Beigetönen gehalten. Akzente setzt man in Gold. Ausladende Spiegel vergrößern die Räumlichkeiten optisch. Accessoires werden auf stilvollen Glastischen präsentiert. Zudem umfasst das Sortiment ausgewählte Interior-Stücke, die auf schwebenden Regalen gezeigt werden. Düfte, die exklusiv nur in den Boutiquen in Wien und Mailand erhältlich sind, runden das Angebot ab. LH Zarte Rosatöne und schwarze und weiße Elemente. Kraftvolle Materialien wie Kupfer, gepulvertes Metall und Marmor. Weiche Samtstoffe und Teppiche mit Farbverläufen und als Highlight eine Kupferrückwand, die sich optisch von unten visuell nach oben entwickelt: Auf zwei Etagen zeigt das PremiumDOB-Label Riani seine Kollektionen. Zwei große Tische sind das Zentrum der jeweiligen Ebenen und dienen als Payment Area, die die klassische Kassentheke ablöst. Der großzügige Kabinenbereich mit gemütlicher Lounge sowie ein edler Weinkühlschrank laden zum Verweilen ein. Samtmöbel unterstreichen den weichen Look und fügen sich in das Raumkonzept ein. Große Spiegelelemente, flexible Glastische, Mannequins, Barren und Podeste lassen entsprechend den Kollektionsthemen individuelle Raumsituationen zu. Teil der Customer Journey ist auch die Creator Area, in der Foto- und Video-Content erstellt werden kann. BPM © Roberto Cavalli © Riani
neue Läden 11/22 textilzeitung 15 Das modernistische Modelabel von Alpha Tauri setzt mit einem neuen, 326 m2 großen Flagship-Store in der Brompton Road im Londoner Stadtteil Knightsbridge mehr als nur ein Zeichen. New Hollywood, Terrazzo, Wood und Champagne: Getreu dem Lebensgefühl Hollywoods eröffnet Baldessarini gemeinsam mit dem langjährigen Partner Suits Berlin am Kurfürstendamm. Alpha Tauri, London Baldessarini, Berlin Es ist das Highlight im vierten Monolabel-Store von Alpha Tauri, dem ersten an der Themse: Ein aus Originalteilen zusammengesetzter Formel-1-Rennwagen der Scuderia Alpha Tauri taucht scheinbar aus der Wand auf. Das Showcar repräsentiert die Verbindung zwischen dem F1-Rennstall und der Fashion-Brand. Eine über zwei Stockwerke reichende, sechs Meter hohe LED-Wand mit immersivem Sound und nach Tageszeit wechselndem Content lässt Kunden unmittelbar nach Betreten des Stores in die Markenwelt eintauchen. Die beiden Kernkompetenzen der Brand spiegeln sich jeweils in einer Knit- und einer Parka-Installation wider. Die über zwei Stockwerke reichende Knit-Installation setzt sich aus vielen unterschiedlichen Fäden zusammen und referiert an die vollständig in einem Stück gefertigten 3D-Strick-Produkte. Die Parka-Installation wiederum besteht aus an der Wand angebrachten technischen Einzelteilen und inszeniert so den ikonischen KOOV-Parka. BPM Der 195 m2 große Store strahlt im vollen Glanz der goldenen Hollywood-Ära und wurde mit Bewusstsein für Modernität, Nachhaltigkeit und Design in der neuen Marken-CI des Labels eingerichtet. Um das Thema „California Glam Spirit“, welches auch Inspiration für die Kollektion ist, aufzugreifen, wurde bei Warenträgern und Tischen auf LightBronze gesetzt und durch Hingucker in TerrazzoOptik und eindrucksvolle Holzrundleisten in Nussbaum-Optik akzentuiert. Den Premiumcharakter des Labels findet man in allen ausgewählten Materialien und Elementen. Abgerundete Formen, champagnerfarbene Elemente, große Pflanzen und ein türkisfarbener Velours-Teppich bringen sowohl Form als auch Farbe auf die 195 m2 große Fläche. Die Verbindung zur Gegenwart wird durch moderne Tech-Elemente wie Screens zur Präsentation geschaffen. Zudem sorgen Lounges mit goldenen Sesseln auf der Fläche für eine besondere Consumer-Experience und animieren den Konsumenten zum Verweilen. BPM © Alpha Tauri © Alpha Tauri © Baldessarini
11/22 textilzeitung 16 Handelstagung Wenn alles „im Flow“ ist, woran sich dann halten? Wenn neue Player mit neuen Kernkompetenzen am Tisch sitzen, welche Strategien entwickeln? Zwei Tage trafen sich führende Manager der europäischen Handelslandschaft, Start-up-Gründer und Wissenschaftler, um Antworten auf die dringlichen Fragen aus dem Handel zu finden. Wie verschmilzt die analoge mit der digitalen Welt? Muss ich mit meiner Firma ins Metaverse? Hat das klassische Kaufhaus noch Zukunft? Klar, sagt die Österreicherin Nina Müller. Sie hat in den vergangenen zwei Jahren Retailkonzepte erneuert, das Markenangebot gestrafft, Abteilungen neu definiert und aus einem in die Jahre gekommenen Kaufhaus einen lebendigen, serviceorientierten Marktplatz gemacht. Müller ging noch einen Schritt weiter: Sie hat ein Manifest schreiben lassen, das die JelmoliKunden zu besseren Verbrauchern machen soll. „Be a human, not just a consumer“ lautet eine dieser Thesen. Und tatsächlich menschelt es zeitgleich zur Tagung bei Jelmoli: Auf einer Eventfläche wird die Neugestaltung der zweiten Etage gefeiert, mit Kunden und Sekt. Events gehören bei Jelmoli in Zürich, das 5,5 Mio. Besucher im Jahr hat, zum Daily Business. „Wir sind lokale Networker, Partner von Gastronomie und Fachschulen. Wir sind Innovator und treiben Kreislaufmodelle wie ‚preloved‘ oder ‚free-used‘ voran. Als KaufEs wird immer unübersichtlicher, wie, wann und wo Handel funktioniert. Von Überforderungssymptomen der Player ist die Rede. Die 72. Internationale Handelstagung des Gottlieb Duttweiler Instituts versuchte sich an einem Kompass in einer Handelswelt ohne Grenzen. Von Brigitte Pfeifer-Medlin Alles flieSSt – aber wohin? © GDI
Handelstagung 11/22 textilzeitung 17 haus, das 190 Jahre alt ist, machen wir unsere ersten Schritte im Metaverse. Wir sind dabei, das Kaufhaus neu zu erfinden.“ Metaverse ist mehr als Token Konsum als reibungsloser Zustand von unterschiedlichen Angeboten und Formaten auf einer Fläche – gleich, ob analog oder digital: Wie breit das Thema „Flow Commerce. How shifting boundaries reshape retail“ gespannt ist, zeigte der Ausflug ins Metaverse. „Das Metaverse soll eine Erweiterung all dessen sein, was auch im echten Leben passiert“, sagt Jeff Carvalho, Mitgründer von Highsnobiety. Noch sind nur wenige Handelsunternehmen im Metaverse vertreten; allerdings beschäftigt sich schon mehr als ein Drittel der Unternehmen mit der Entwicklung einer Strategie fürs Metaverse, wie eine kurze Umfrage im GDI-Publikum zeigte. „Es ist noch nicht zu spät für Unternehmen, eine Metaverse-Strategie zu erarbeiten“, sagt Richard Hobbs, Gründer und CEO von Brand New Vision. Das Metaverse hebe CRM auf ein neues Level, denn es würden verschiedene Kundenbedürfnisse angesprochen. „Die Token sind eine Kombination aus Starbucks Loyalty Card und Black-Amex-Karte.“ Hobbs ist sich sicher: „Modeunternehmen kommen am Metaverse nicht vorbei. Ich schicke meinen Avatar auf eine Fashion Week und durchlaufe die Shows mit meiner NFT-Brille. So wird es gelingen, die physische Welt mit Metaverse zu verquicken.“ Der E-Commerce im Metaverse sei durchaus nicht an Token gebunden; vielmehr gelte es, Modelle „aus der alten Welt“ mit NFTs zu „belohnen“. Dass nicht nur im Metaverse, sondern auch bei so manch eingesessenem Unternehmen alles im Fluss ist, bewies Giny Boer, seit Jänner 2021 Europa-Chefin von C&A. Boer, eine Ex-Ikea-Managerin, stellte in ihrem Masterplan dar, wie man eine Traditionsmarke modernisiert. „Wir brauchten eine Modernisierung in jedem Bereich. C&A war in 80 Ländern präsent und in jedem waren wir anders aufgestellt. Zudem wollte das Ex-Management nicht kommunizieren.“ C&A in eine moderne, europäische Fashion Brand zu verwandeln sei ein Kraftakt gewesen, der durch weltweites digitales Wachstum, eine Modernisierung der Stores, eine Veränderung der Preisstruktur, eine neue „People-Kultur“ und zeitgemäße Kommunikation ermöglicht wurde. „Wir agieren heute nach dem Motto ‚Look, feel and do good.‘“ Es seien vorrangig die Mitarbeiter, die die neue Ausrichtung vorantreiben. Monatliche Mitarbeitertreffen und „Freitage des Scheiterns“ sollen den Austausch intensivieren. „Wir haben unser Image auch durch digitales Wachstum modernisiert. Durch die Errichtung von zwei neuen Warenlagern konnten wir mit Amazon und nun auch mit Zalando kooperieren.“ Alexa als Gatekeeper Die analoge mit der digitalen Welt vernetzen, diese Strategie hat viele Ausprägungsformen. Tamim Khalfa, Mitbegründer des Quick-Commerce-Anbieters Toters im Libanon und im Irak, setzt mit seinem Geschäftsmodell auf die Super-App-Strategie. Er programmiert die Wünsche der Kunden direkt in die App und liefert, was die Kunden wünschen. Khalfa begann mit der Lieferung von Starbucks-Kaffee; heute bietet er kleine Lebensmittelstores, Elektronik und Spielzeug an, aber auch ein Butler-Service und eine Bezahl-App. Eingefahrene Denkmodelle zu überkommen, das sei das Gebot der Stunde, so Lukas Jezler, CEO des gastgebenden Duttweiler Instituts. „Plötzlich sitzen ganz neue Player am Tisch. Health und Retail, Retail und Hospitality, alles verschmilzt miteinander und mit den Hightech-Firmen.“ Wie sehr Lebensbereich miteinander verschmelzen und durch digitale Tools neue Ausrichtungen erfahren, beweist auch „Alexa“. Anne Scherer, Assistenzprofessorin am Institut für Quantitative Marketing in Zürich, hat sich ausführlich mit dem Phänomen Alexa, dem sprachgesteuerten Assistenzsystem von Amazon, beschäftigt. „Alexa und Co. als persönliche ShoppingAssistenten bieten einerseits effiziente Verkaufsentscheidungen, rütteln andererseits aber an der Entscheidungsautonomie.“ Scherer sieht daher Routineentscheidungen immer öfter an Assistenzsysteme ausgelagert, bei wichtigen Kaufentscheidungen vertraue man aber eher „dem humanen Element“. Allerdings gebe es auch mit Alexa einen sozialen Bezug. Scherer: „Ich habe plötzlich eine Bindung zu Alexa: Sie ist mein ,Berater‘, der mich gut kennt.“ Scherer ist sich sicher: „Alexa und alle anderen Sprachassistenzsysteme sind Gatekeeper.“ Und: „Alexa ist die Kundschaft für die Brands.“ Aber auch Scherer schränkt ein: „Menschliche Interaktion ist und bleibt wichtig.“ Zwei Tage lang nahm das Duttweiler Institut die Teilnehmer mit auf eine Reise, die den Willen und die Bereitschaft der Handelsplayer zur Veränderung eindrucksvoll auf die Bühne und ins Auditorium brachte. Trotz aller disruptiven Vorgänge der letzten Jahre: Der Optimismus in einer Welt des Flow sollte ungebrochen bleiben. „Es ist eine Welt voller Chancen, voller Kreativität“, so Ian Goldin, Professor für Globalisation und Development an der Universität Oxford. „Die Pandemie hat Interaktion ermöglicht, die unter normalen Bedingungen 20 Jahre länger gedauert hätte.“ tz © GDI © GDI C&A Europa-ChefinGiny Boer modernisierte den Filialisten. Jelmoli CEO Nina Müller wandelte des Traditionskaufhaus in eine lebendige Plattform um.
„Wir blicken auf ein äußerst erfolgreiches Quartal zurück, in dem wir unser breit angelegtes Wachstum fortgesetzt haben“, zeigt sich Daniel Grieder, Vorstandsvorsitzender von Hugo Boss, erfreut. „Unsere starke Markendynamik gibt uns Zuversicht für das wichtige Schlussquartal. Dank der konsequenten Umsetzung unserer ‚Claim 5‘-Strategie sind wir auf dem besten Weg, 2022 zu einem Rekordjahr zu machen. Wir werden damit einen wichtigen Meilenstein in Richtung unserer Ziele für 2025 erreichen.“ Konkret ist das Unternehmen im Jahr 2021 mit dem Ziel angetreten, den eigenen Umsatz „auf vier Mrd. Euro zu verdoppeln und eine der 100 weltweit führenden Marken zu werden“. Die Richtung stimmt: Der Konzernumsatz stieg im dritten Quartal 2022 währungsbereinigt um 18 % auf 933 Mio. Euro, was es zum umsatzstärksten Quartal in der Geschichte von Hugo Boss macht. In Konzernwährung entspricht dies einem Anstieg von 24 %. Im Vergleich zu 2019 betrug das währungsbereinigte Umsatzwachstum 27 %. Das EBIT nahm um 8 % auf 92 Mio. Euro zu. Verantwortlich dafür macht Grieder nicht zuletzt Investitionen in Marketing und Produkt: Zwei starbesetzte Kampagnen begleiteten den globalen Launch der Herbst/Winter-Kollektionen 2022 im August und knüpften an die umfassende Markenerneuerung Anfang des Jahres an. Zusätzlichen Aufschwung erhielten die Brands durch die Boss- und Hugo-Fashion Shows in Mailand. Die Marketinginvestitionen stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 39 %, was knapp 8 % des Konzernumsatzes entspricht. Man betrachte dies aber vielmehr als Investition denn als Aufwand, so Yves Müller, CFO der Hugo Boss AG. Beide Linien verzeichneten im dritten Quartal „zweistellige Umsatzsteigerungen mit robustemWachstum entlang sämtlicher Trageanlässe“. Während der währungsbereinigte Umsatz der Boss Menswear um 20 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum stieg, legte die Boss Womenswear um 13 % zu. Wenngleich man über alle Sublinien wachse, sei die Tendenz bei Boss Camel besonders erfreulich, so Müller: „Mit dieser Linie positionieren wir uns bewusst im Affordable-Luxury-Segment. Das eröffnet uns die Möglichkeit, neue Kunden in anderen Märkten für uns zu erobern.“ Besonders positives Feedback erhalte man aus Frankreich und China. Bei Hugo belief sich das währungsbereinigte Umsatzplus gegenüber dem Vorjahr ebenfalls auf 13 %. Erhöhte Prognose für das Gesamtjahr Die starke Geschäftsentwicklung seit Jahresbeginn veranlasst das Unternehmen dazu, seine Umsatz- und Ergebnisprognose für das laufende Geschäftsjahr anzuheben. Berücksichtigt seien darin sowohl „die laufenden Investitionen in das Geschäft als auch die anhaltend hohen makroökonomischen Unsicherheiten“. Für das Geschäftsjahr 2022 wird nunmehr ein Anstieg des Konzernumsatzes zwischen 25 und 30 % auf ein neues Rekordniveau von 3,5 bis 3,6 Mrd. Euro erwartet. Bisher hatte Hugo Boss mit maximal 3,5 Mrd. Euro gerechnet. Für das operative Ergebnis (EBIT) prognostiziert man einen Anstieg in Höhe von 35 bis 45 % auf einen Betrag zwischen 310 und 330 Mio. Euro (bisher: +25 bis +35 %). Das Konzernergebnis sieht Hugo Boss nun zwischen 190 und 210 Mio. Euro, nach zuvor anvisierten 170 bis 200 Mio. Euro. Auf die Frage, ob die Entwicklungen dazu veranlassen würden, das Umsatzziel von 4 Mrd. Euro für 2025 vorzuziehen, zeigt sich Müller zurückhaltend: „Wir fokussieren uns nun erstmal auf 2022. Die diversen makroökonomischen Unsicherheiten beschäftigen uns wie die gesamte Branche, daher fahren auch wir nicht auf Autopilot, sondern auf Sicht und beobachten sehr genau. Um mittelfristige Ziele anzupassen, ist es zu früh.“ Fokus: Europäische Produktion Als wichtigen Punkt auf der Agenda nannte Müller im Rahmen der Pressekonferenz zur Präsentation der Zahlen für das abgeschlossene Quartal Q3 die zunehmende Verlagerung der Produktion nach Europa: „Wir haben den Anspruch, möglichst hochwertig und nah am Kunden zu produzieren. Die Antwort auf diese Anforderungen liegt für uns in Europa.“ Konkret investiert das Unternehmen aktuell stark in den Standort Izmir, Türkei: Die Belegschaft wurde von knapp 4.000 auf 5.000 Angestellte erhöht. Schon jetzt macht das Werk 14 % des globalen Beschaffungs- und Produktionsvolumens aus. Diesen Wert möchte man im kommenden Jahr auf 18 % steigern. tz Krisenstimmung? Fehlanzeige. Während andere ihre Prognosen nach unten revidieren, hebt Hugo Boss seine Zahlen für das Gesamtjahr erneut an. Das Umsatzziel für 2025 rückt in greifbare Nähe. Von Lisa Hollogschwandtner 11/22 textilzeitung 18 Industrie Hugo Boss bricht Rekorde © Picturedesk.com
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