Tristan Horx stammt aus der wohl bekanntesten Zukunftsforscherfamilie Europas. Beim Handelstag der WKO sprach er über Megatrends, Krisen und das Ende der Globalisierung.
Er repräsentiert eine neue Generation von Futuristen, sich selbst bezeichnet er als »Sprecher aus der Generation Y«. Als Referent und Autor am Zukunftsinstitut befasst sich Horx mit den Themen des gesellschaftlichen Wandels und erforscht, was der Generation X, Y und Z folgen wird. Kernthemen sind dabei Mobilität, Digitalisierung und Globalisierung. Dabei schlägt er die Brücke zwischen Kreativität und Ökonomie in makrosozialen Fragen.
Krise als Energieschuss
Tristan Horx nennt sie »Revolution in Zeitlupe«: Megatrends, die unser Leben bestimmen. Egal ob Unternehmen oder Private, praktisch alle Bereich unterliegen den Strömungen wie Individualisierung, Urbanisierung, dem Gender Shift, New Work oder Mobilität. All diesen neuen Anforderungen gilt es dabei gerecht zu werden. Dabei zeigt sich auch, wie manche Trends durch aktuelle Entwicklungen befeuert werden: »Die Krise ist ein Energieschuss,« konstatiert daher Tristan Horx. So verstärkt der Krieg in der Ukraine derzeit den Sicherheitstrend. Die Energiekrise ist Zunder für die neue Öko-Bewegung. Und Corona war nicht nur ein gesellschaftlicher Spalter, sondern auch ein Beschleuniger, etwa bei Gesundheitsthemen.
„Megatrends bewegen sich allerdings zwischen den Polen Utopie und Untergang.“
Megatrends bewegen sich allerdings zwischen den Polen Utopie und Untergang. Weder das eine Extrem noch das andere werden wohl eintreten, ist der Zukunftsforscher überzeugt. Allerdings folgt auf jeden Trend ein Gegentrend. Ein Beispiel von vielen: Magazine für Veganer sind bereits Mainstream, nun folgen Magazine, die sich vorrangig dem Fleischkonsum widmen. Dazu kommen eine ganze Reihe von Hybridtrends, die häufig wie Widersprüche in sich klingen, aber scheinbar gegensätzliche Positionen verbinden, etwa Coopetition, Downaging, Flexiunity, Prosumer, Freemium oder Real Digital.
Verbindungsfrage
Durch die Pandemie hat die Digitalisierung einen zusätzlichen Schub erhalten. »Wer nicht durchdigitalisiert und transformiert, wird abgehängt,« formuliert es Horx überspitzt. Dennoch: Kommunikation finde fast nur noch über digitale Kanäle statt, Sensoren in Unternehmen messen die Auslastung von Arbeitsplätzen und smarte Kühlschränke seien mit WLAN ausgestattet. Auch der Einzelhandel rüste auf, sei es mit Omnichannel-Shopping, Augmented-Reality-Spiegeln in Umkleidekabinen oder digitalen Touchpoints in den Geschäften. Bleibt die Frage, ob Arbeiten zukünftig von Robotern übernommen werden. Tristan Horx ist sicher, dass es viele Berufe gibt, die nicht von Maschinen wegrationalisiert werden können. Bei aller Digitalisierung im Handel gebe es aber wieder eine Renaissance der zwischenmenschlichen beratenden Funktionen. Daher solle man bei der Weiterbildung den Fokus auf zwischenmenschliche Kompetenzen legen. Für ihn ist klar: »Das Netz löst Verbindungsfrage, aber keine Beziehungsfragen.« Er sieht die Welt bereits in einer digitalen Korrekturschleife, denn obwohl alle bestens connected sind, steigt die Einsamkeit. »Gesellschaftlich gesehen sind wir bereits am Höhepunkt der Digitalisierung der Zukunft angekommen. Im Zuge der Überdigitalisierung suchen die Menschen wieder nach echten Beziehungen und Kulturtechniken.« Daraus folgt auf der einen Seite der Trend der Re-Regionalisierung, auf der anderen der Wunsch nach Sicherheit - derzeit das Grundbedürfnis Nummer 1 – aber auch der Ruf nach geschlossenen Grenzen: »ein Evergreen«. Aber: Ist das schon das Ende der Globalisierung?