Neue Shopping Malls gibt es seit Jahren kaum noch. Die Pandemie hat die Betreiber alleine aufgrund der Mietausfälle 200 Mio. Euro gekostet. Diese müssen sich nun um neue Mieter und Funktionen umsehen.
Obwohl aktuell die Leerstandsrate in den knapp 150 österreichischen Shopping Malls mit etwa 6,5 % im internationalen Vergleich noch außerordentlich gering ist, kündigen sich massive Umwälzungen an, schreibt das Wiener Beratungsunternehmen RegioPlan in seiner jüngsten Marktanalyse. Dass zuletzt kaum noch neue Shopping Malls eröffnet wurden, ist bekannt. Der in Zahlen gegossene Marktüberblick überrascht jedoch in seiner Deutlichkeit: Während in den letzten fünf Jahren insgesamt nur etwa 20.000 m² neue Fläche entstanden sind, waren es in den fünf Jahren zuvor mit 205.000 m² mehr als zehnmal so viel. Mit dem Hey!Steyr kam in Österreich seit 2016 nur noch eine einzige größere Shopping Mall neu hinzu. Auch die Projektpipeline ist nahezu leer: Die SES-Gruppe arbeitet weiterhin an einem innerstädtischen Projekt in Lienz, dessen Bau freilich schon mehrmals verschoben wurde. Und für 2023 ist die Eröffnung des VIO-Plaza in Wien angekündigt. Ein weiteres bekanntes Retail-Projekt ist das geplante Kaufhaus am Areal des ehemaligen Möbelhauses Leiner auf der Mariahilfer Straße in Wien – dieses zählt jedoch nicht zur Kategorie der Shopping Malls.
200 Mio. Euro Mietausfall durch Pandemie
»Bei einem Online-Anteil von durchschnittlich 16 % sind die Retailer mit entsprechend geringeren Quadratmeterumsätzen konfrontiert«, schreibt RegioPlan. »Die logische Konsequenz ist die Reduktion der Geschäftsflächen in Branchen wie Bekleidung, Schuhe, Elektro, Bücher, Sport und Spielwaren.« Zu allem Überfluss kam dann noch die Pandemie dazu. Allein der dadurch entstandene Mietausfall in den knapp 150 Shopping Malls summiert sich auf etwa 200 Mio. €. Mangels expansionswilliger Einzelhändler werden nun leer stehende Flächen deutlich günstiger angeboten und sind deswegen auch für Non-Food-Diskonter, Möbelhändler oder sogar für Autohäuser interessant.
Shopping-Tempel bekommen ein völlig anderes Gesicht
»Mittelfristig wird es jedoch völlig andere Strategien benötigen, um die Shopping Malls ertragreich zu halten«, meinen die Experten von RegioPlan. »Der reine Verkaufsvorgang wird künftig nur mehr eine Nebenrolle spielen. Kommunikation, Emotion und die Suche nach Erfahrungen werden die Gründe sein, um künftig in die Mall zu kommen.« Eigentümer müssten deshalb flexibler und risikofreudiger werden – besonders für risikoscheue Endinvestoren bedeutet das eine Herausforderung. Die Lösung, statt nur auf Shopping auf Multifunktionalität zu setzen, ist je nach Standort unterschiedlich umzusetzen. Möglichkeiten sind Ärztezentren, Ambulanzen oder Gesundheitseinrichtungen, Coworking Spaces, Showküchen, Party-, Club- oder Seminarräume, Yoga-, Beauty- und Fitnessstudios, Kultur- oder Bildungseinrichtungen, Workshops, Markthallen, temporäres Wohnen, Senioreneinrichtungen, urbane Logistik etc.
Internationale Vorbilder
Die österreichischen Shopping-Center-Betreiber verhalten sich laut RegioPlan momentan aber noch sehr konservativ: Während etwa in Finnland die Kommunen große Flächen in den Malls für ihre Angebote mieten oder in Toronto der Cirque du Soleil eingemietet ist und bei vielen neuen Malls die Grenzen zwischen Einkaufen, Gastronomie, Events, temporären Working Spaces etc. völlig verschwimmen, dominiert hierzulande noch der klassische, monofunktionale Einzelhandel. Romina Jenei, CEO von RegioPlan Consulting, fasst zusammen: »Zum Shoppen braucht man keine Mall mehr. Der Name ist daher auch nicht mehr passend. Was es auf Grund des völlig geänderten Kundenverhaltens in den nächsten Jahren brauchen wird, ist ein Ort, an dem man zwar auch einkaufen kann, aber eigentlich aus völlig anderen Gründen hinkommt: Kommunikation, Unterhaltung, Erledigungen etc.«