Seit dieser Woche hat zumindest ein Teil der Modegeschäfte in Österreich wieder geöffnet, der Rest folgt mit 2. Mai. Experten warnen davor, die Erwartungen zu hoch zu stecken.
Wifo-Ökonom Jürgen Bierbaumer-Polly erwartet nach dem Ende des Shutdowns keinen Konsumboom. »Wir gehen von einer Normalisierung in der zweiten Jahreshälfte aus. Erst im Herbst sollte ein Konsumniveau in Höhe des üblichen, also wie im Vorjahr, erreicht werden«, so der Ökonom. Unsicherheit über den eigenen Arbeitsplatz und das Einkommen führe zu vorsichtigem Konsumverhalten und Aufschieben von Käufen. Bei Bekleidung und Schuhen sei die neueste Frühlingskollektion wenig interessant, weil man ohnehin fast nur zu Hause sei und im Home-Office arbeite. Einkaufen habe auch viel mit Emotionen zu tun. »Man geht einkaufen, essen und dann ins Kino«, so der Ökonom. Das falle derzeit komplett weg, und der Einkauf mit Masken werde erst eine gewisse Gewöhnungszeit brauchen. Auch die ältere Generation werde trotz geöffneter Geschäfte vermutlich noch länger lieber zu Hause bleiben.
Preisschlachten befürchtet
Auch Achim Berg von McKinsey bezweifelt, dass gleich der große Kaufrausch kommt. »Die Läden werden in den nächsten Wochen vielleicht 30 bis 40 % ihres normalen Umsatzniveaus erreichen«, prophezeit er und verweist auf Erfahrungswerte aus China. Dort hätten Anfang April zwar 90 % der Modegeschäfte wieder geöffnet, die Frequenzzahlen befänden sich jedoch weiterhin um bis zu 60 % unter dem Vorkrisenniveau. Im Grunde habe jeder einen vollen Kleiderschrank. Er erwartet deshalb für die nächsten Wochen Preisschlachten, schließlich sind die Lager übervoll. Eine Normalisierung der Umsätze im Textilhandel sieht Berg erst für das Weihnachtsquartal.
Zwei Drittel der Kunden wollen sich einschränken
Recht geben den Experten die jüngsten Meinungsumfragen. Laut einer Online-Umfrage der P8 Marketing GmbH unter 1.200 Österreichern zwischen 3. und 7. April rechnet über ein Drittel damit, dass sich ihr Leben in den kommenden zwölf Monaten verschlechtern wird. 69 % wollen deshalb ihren Konsum einschränken. Zu den hauptbetroffenen Branchen gehören neben Reisen (73 %) und Restaurants (61 %) auch Bekleidung (57 %).
»Die Österreicher wissen, dass Kurzarbeit und Co. nur kurzfristig vom Staat finanziert, aber langfristig von den Menschen bezahlt werden und sich auf ihren Wohlstand auswirken», so P8-Chef Georg Hofherr.