Am Rande der Mailänder Fashion Week eröffnen Toplabels gerne neue Läden. Die Herausgeberin der Österreichischen Textil Zeitung, Dagmar Lang, hat sich ein paar davon angesehen.
Während der Fashion Week im September 2017 gelang Sibylle Schön, CEO von Aigner München, der Ladencoup. Neben dem Park Hyatt, einen Steinwurf von der berühmten Galleria Vittorio Emanuelle im Herzen Mailands entfernt, wurde sie mit dem Vermieter handelseins. Der erste Aigner Store in Italien öffnete noch vor Weihnachten seine Pforten, anlässlich der jetzigen Fashion Week wurde er mit einem grandiosen Event in der coolen Location »Spazio Antologico« mit 900 Gästen – darunter italienische VIPs und Fashion Blogger sowie deutsche Stars wie Bergdoktor Hans Sigl, die Schauspielerinnen Julia Mailk, Nilam Farooq und Starmodel Franziska Knuppe, gefeiert. Mit dabei die sonst sehr zurückhaltende Aigner-Eigentümerin Evi Brandl, die den Rummel aber ganz professionell genoss, weil er der Marke einfach gut tut. Künstlerische Darbietungen und Stylings vom Feinsten tauchten das Lederlabel in strahlendes Scheinwerferlicht. Zum Dessert gab es Cookies in Miniatur-Handtaschenform der Herbst-/Winterkollektion 2018/19.
»Mailand ist für uns ein wichtiger Standort, weil er das Tor zur Modewelt ist, das ist eine Investition und ein Statement für die Marke«, begründet Sibylle Schön ihre Entscheidung, auf dem heiß umkämpften Pflaster einen eigenen Store zu eröffnen, der am Eröffnungstag bei Prosecco von asiatischen Touristinnen geradezu gestürmt wurde. Der Laden wird von den Taschen dominiert und von den coolen Sweatshirts, die Aigner seit zwei Saisonen im Programm hat und die weggehen wie »geschnitten Brot« (Schön). Übrigens nicht nur in Mailand: sie sind auch der Hingucker im aktuellen
Pop Up Store im Wiener Kaufhaus Steffl (bis 18.3. 2018 inklusive Videowall; siehe Bilder).
»Das Feedback, das wir aus Mailand zu unserem Event bekommen haben, war geradezu phänomenal. Da ging echt ein Raunen durch die Stadt.« Anders als in Deutschland und Österreich (da betreibt Aigner 13 eigene Stores) operieren die Münchner weltweit mit Partnern, so auch in Mailand. Die Herausforderung für eine Neueröffnung ist also einmal die Partner- und dann noch die Standortwahl. Die richtige Frequenz ist das Zauberwort. Davon gibt es in der Modemetropole - allem Online-Handel - zum Trotz doch jede Menge.
Schlangen vor dem Dachterrassen-Restaurant im immer besser werdenden Kaufhaus Rinascente, Schlangen vor der Lebensmittelkasse, auch wenn die Käufer nur ein Trüffelöl (um 24 Euro) oder eine Tafel Schokolade in den Händen haben. Der letzte Stock des Kaufhauses – ursprünglich mal eine Lebensmittelfläche- ist zur Gastronomie-Erlebnisszene mutiert, mit neun verschiedenen Restaurants und Bars – von Be Steak über My Sushi, einer Champagnerbar, einer Lobsterbar bis zur Pizzeria Obica. Der »Food Market« besteht nur aus absoluten Spezialitäten, mit teuren Weinen, Olivenölen (um 79 Euro), feinem Käse, ausgewählten Wurstsorten und jeder Menge Süßigkeiten.
DSquared2 Einige Stockwerke darunter besticht eine Kids-Abteilung vom Feinsten – mit Versace, Moschino und Co für die Kleinsten. Mit dabei das kanadische Mobellabel DSquared2, das ebenfalls zur Fashion Week seinen Flagship Store in der Via Verri 4 neu eröffnet hat. Der 450 Quadratmeter große Laden ist jetzt in sieben verschiedene Bereiche gegliedert, die teils durch Türen voneinander abgetrennt werden können. Jeder Raum ist völlig individuell eingerichtet. Eigene Räume haben Jeans, Sneaker, die Catwalk-Kolletion und die Icon-Linie. In jeweils zwei Separees werden Formal Wear und Abendgarderobe für Damen und Herren präsentiert. Zum ersten Mal gibt es eine Ecke für Kindermode mit Eyecatchern wie einem bunten Pailettenkleid um mehr als 1000 Euro, detto eine wahnsinnig schwere Jeans um 1.045 Euro. Auch bei den Damen geht es schwer zu: Die Lederjacke wiegt gefühlte 10 Kilo, ist aber eben ein echter Hingucker. Dieser Flagship Store macht überhaupt mehr den Eindruck eines Showrooms, besser gesagt von sieben Showräumen. Von der online gezeigten (und tragbaren) Kollektion ist wenig zu sehen, das Außergewöhnliche, das Besondere, steht da im Vordergrund. Das Store-Konzept basiert auf der langjährigen Zusammenarbeit der kanadischen Eigentümer und Kreativdirektoren Dean und Dan Caten und dem italienischen Architekturbüro Storageassociati. Die Boutique schafft den Spagat von italienischer Tradition und Contemporary Design. Der pompöse Eingang in Marmor steht in bewusstem Kontrast zu dem sportlichen Flair in manchen Innenräumen. Jedenfalls drückt der Mailänder Laden das aus, wofür die Kollektion steht: sportlich und glamourös, zurückhaltend und extravagant, männlich und weiblich.
Urban OutfittersBedeutend bodenständiger, aber sehr einladend, präsentiert sich der ebenfalls gerade eröffnete Flagship Store von »Urban Outfitters« in der Galleria Passarella nahe der U-Bahn-Station San Babila. Der erste Blickfang ist ein Wegweiser – Damen, Herren, Musik & Technologie, Kassen und Umkleidekabinen. Orientierung ist den Amerikanern wichtig, das merkt man an der Aufgeräumtheit des Ladens. Er hat natürlich bedeutend weniger Showroom-Charakter als jener von Dsquared2, aber auch hier hängt das Lager nicht auf der Fläche. Gefällt ein Teil (meistens in Größe S), fragt man nach und siehe da – es ist auch in M oder L vorhanden. Der Laden ist hell, Licht durchflutet, mit viel Glas, großzügig.
Weil es draußen für Mailand um diese Jahreszeit ungewöhnliche und ungemütliche 0 Grad hat, hängen zwischen der Frühjahrsware dicke Teddyjacken in verschiedenen Farben, nicht im Sale, sondern ganz regulär um 99 Euro. Da hat jemand »ready to wear« ganz richtig interpretiert. Unter Übersichtlichkeit fällt auch die Säule im Jeansbereich, wo alle Urban Outfitters-Marken mit ihrer Passform beschrieben werden. Ein toller Service. Im Obergeschoss inspiriert ein Conzept Store mit einer Kakteensammlung (der kleinste kostet 4,90 Euro) und italienischem Design-Ambiente für den Home-Bereich. Den Umsatz dürfte die Bettwäsche machen, zumindest dominiert sie die Fläche. Insgesamt ein cooler Laden zum Wohlfühlen.
Ein Vergleich macht dann sicher: bei Abercrombie & Fitch stinkt es noch immer nach Parfüm, die Verkäufer gehören eher zur Dekoration als zum Service und die Kassen befinden sich im letzten Stock. Doch dorthin verirrt sich kaum noch wer, nicht einmal im frequentierten Mailand zur Fashion Week.
Eine Auswahl an eklusiven Aigner-Taschen für den temporären Shop im Steffl
Aigner Pop Up Store im Wiener Steffl