Zalando Outlet Store in Köln
Der Online-Modehändler hat zum zweiten Mal innerhalb von zwei Monaten seine Geschäftsziele für das Gesamtjahr 2018 nach unten geschraubt. Bald soll das Margenproblem gelöst sein.
Bei Zalando wird viel gefeiert dieser Tage. Zuerst das erfolgreiche Marketing-Event Bread&&Butter in Berlin , kurz darauf das zehnjährige Firmenjubiläum: Am 29. September 2008 ging bei Zalando – damals noch in einer Berliner Mietwohnung untergebracht – die erste Bestellung ein. Den Zalando-Aktionären ist derzeit allerdings nicht nach Feiern zumute. Schlechte Nachrichten haben den Aktienkurs auf Talfahrt geschickt. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate musste der Online-Händler seine Umsatz- und Ergebniserwartungen für das laufende Jahr zurücknehmen. »Der lange und außergewöhnlich heiße Sommer sowie ein verspäteter Start in die Herbst/Winter-Saison belasten das Umsatzwachstum und das bereinigte EBIT«, teilt das Unternehmen mit. Der Aktienkurs reagierte empfindlich: Notierten die Papiere Ende Juli noch bei annähernd 50 Euro, stürzten sie am Morgen des 18. September auf weniger als 34 Euro ab. Seit Jahresbeginn haben die Aktien damit ein Viertel ihres Wertes verloren.
Ein Drittel weniger Gewinn
Der Grund dafür wirkt vorerst banal: Die hohen Temperaturen haben im gesamten Modemarkt zu rückläufiger Nachfrage und schrumpfenden Umsätzen geführt, schreibt auch Zalando in seiner Mitteilung. Wobei im eigenen Unternehmen von schrumpfenden Umsätzen keine Rede sein kann: Vielmehr rechnet der Vorstand für das Gesamtjahr nun mit einem Umsatzplus von »nur« noch rund 20 % anstatt der ursprünglich angestrebten Spanne von 20 bis 25 %. Deutlicher fällt die Korrektur beim anvisierten Ergebnis aus: Hier traut sich Zalando derzeit ein bereinigtes EBIT von 150 bis 190 Mio. Euro zu, nachdem der Konzern zuletzt noch das untere Ende der ursprünglich ausgegebenen Prognose von 220 bis 270 Mio. Euro angepeilt hatte. Die üblicherweise höheren Margen zu Beginn der Saison könnten bei der derzeitigen Wetterlage nicht erzielt werden, schreibt der Berliner Versender als Erklärung. Im Klartext: Im August und September konnte neue Herbstware nur mit empfindlichen Nachlässen verkauft werden, was dem Unternehmen ein Drittel des gesamten operativen Jahresergebnisses kosten wird. »An unseren langfristigen Wachstumszielen, unser Geschäft bis 2020 zu verdoppeln, ändert sich nichts«, versicherte aber Unternehmenschef Rubin Ritter. Zalando wachse weiterhin deutlich schneller als der Modemarkt.
Margenrisiko wird abgewälzt
Tatsächlich war zu geringes Umsatzwachstum noch nie das Problem des Versenders. Wenn etwas Anlass zur Sorge gab, war das die Ertragskraft. Und genau hier steuert das Unternehmen derzeit massiv Dagegen. Und zwar indem es sich immer mehr vom Einzelhändler zum Technologie-Provider wandelt, der nicht von der Marge, sondern von Verkaufsprovisionen lebt. Denn längst hat Zalando mit seiner Strategie der Marktanteilsgewinne um jeden Preis eine Größe erlangt hat, an der selbst die global führenden Fashion-Filialisten nicht mehr vorbeikönnen. Der weltgrößte Modekonzern Inditex verkauft bereits seine Marken Massimo Dutti, Pull & Bear, Oysho und Stradivarius über die Berliner Plattform, H&M ist mit seinen Töchtern Weekday und Cheap Monday am Online-Marktplatz vertreten. Erst im Mai hatte Co-Vorstandschef David Schneider auf der Jahreshauptversammlung angekündigt, die Kooperation mit den großen vertikalen Anbietern über das »Partner-Programm« weiter ausbauen zu wollen – und dabei namentlich Inditex und H&M genannt. Schließlich wolle man »den Kunden ein fast unbegrenztes Angebot bereitstellen«, so Schneider damals. Aktuell bietet das Unternehmen nach eigenen Angaben bereits über 300.000 Produkte von 2.000 Marken auf seiner Website an, das sind um 350 Marken mehr als noch vor einem Jahr. Zudem verkauft das Unternehmen seit heuer auch Kosmetik – ein deutlich weniger Rabatt-getriebenes Geschäft als die Mode.
Heute macht das Plattform-Geschäft erst ein Zehntel der Erlöse von Zalando aus. Doch die Tendenz ist stark steigend. Für den E-Commerce-Experten Jochen Krisch ist das Partner-Programm »ein sehr dankbares Geschäft«: Zalando kassiere immer Provisionen – egal ob der eine oder der andere Anbieter mal die Nase vorn habe. »Wir nutzen den Sachverstand der Modemarken«, bekennt Ritter selbst. »Dadurch entsteht eine Konstellation, dass wir immer flexibler und immer besser mit den manchmal schwer einzuschätzenden Modetrends umgehen können.« Durch diese Informationen lernt man natürlich auch für den eigenen Einkauf. Und wenn bei Zalando selbst bestimmte Kleidungsstücke ausverkauft sind, sollten eben die Modefirmen selbst mit ihrem Direktverkauf über das »Partner-Programm« einspringen: »Das läuft gut«, sagt Ritter. Für Zalando.