Kommentar: »Weil's eh schon wurscht is?«
Sabine Klimpt

Was haben Black Friday und die Diskussion um die Sonntagsöffnung miteinander zu tun? Jede Menge.

In drei Tagen findet Black Friday statt, die meisten Online-Verkaufsplattformen haben gleich eine Black Week daraus gemacht, den Negativrekord legt wie immer Amazon vor: dort dauert die Black Week von 20. bis 30. November - eine Zehntagewoche gab es zuletzt zu Zeiten der französischen Revolution. Damals, um das Volk mehr arbeiten zu lassen - heute, um jenen Massenkonsum zu niedrigen Preisen anzuheizen, der zuletzt angeblich »so« in Verruf geraten war. Wann und wie oft und wie lange zu reduzierten Preisen verkauft wird, bestimmen die Online-Riesen aus eigenen Gnaden, wer könnte sie auch stoppen? Alle politischen Maßnahmen, um die großen Onliner auch nur halbwegs in den Griff zu kriegen, ringen den Herrn Bezos & Co. bestenfalls ein müdes Lächeln ab. Tabubruch gehört dort zum Geschäftsmodell.

Um einen Tabubruch ganz anderer Art wird aktuell in Österreich diskutiert. Um das Weihnachtsgeschäft doch noch zu retten (was Handelsforscher als vollkommen unmöglich erachten), fordern vor allem die Chefs großer Möbelhäuser eine Öffnung der Läden an den letzten beiden Sonntagen vor dem Heiligen Abend. Die Zeiten scheinen günstig, die alte Lugner-Forderung jetzt auf  kurzem Deinstweg »durchzudrücken«. Der Corona-ermattete Bürger leistet gegen gar nichts mehr Widerstand, die ausblutenden Handelsunternehmen würden und werden jeden Strohhalm ergreifen, um nur endlich wieder im Laden verkaufen zu können - allein: Wem würden diese beiden Verkaufstage nützen? Ganz sicher nicht den kleinen Boutiquen in den Innenstädten, vermutlich auch nicht den Ortskaisern am Land. Nein, die Schlangen würden sich wiederum vor den Bauhäusern bilden und Bilder von Menschentrauben in den Einkaufszentren sind geradezu vorprogrammiert. Wenn die Politik jetzt schon die epidemologischen Folgen des 7. und 8. Dezember als Mega-Shopping-Days fürchtet, warum will man dann vor Weihnachten zwei weitere offene Tage anbieten, an denen wieder scheinheilig an die Vernunft der Bevölkerung im Umgang mit der Corona-Pandemie appelliert wird, die Teile der Bevölkerung ja noch immer vermissen lassen? Und: Wie viele Sonntage werden aus den zwei eingeforderten werden? Sonntagsöffnung so lange, bis wir die Folgen von Corona weggesteckt haben werden, also praktisch für immer?

In unübersichtlichen Zeiten sind Tabubrüche an der Tagesordnung. Wer die lokale Wirtschaft tatsächlich stärken will, sollte Tabubrüche nicht unterstützen. Schon gar nicht am Sonntag!




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