Kommentar: »Krisenmanagement - made in Austri...
Sabine Klimpt

Palmers gegen Lenzing - das ist Brutalität. Die kurze, unternehmerische Ehe wird wohl mit einem schmutzigen Scheidungskrieg enden. Man schaut zu und kann nur den Kopf schütteln.

Ob sie da schon eine Vorahnung hatte? »Macht mir keine Schande«, wird Johanna Mikl-Leitner, Niederösterreichs wackere Landeshauptfrau, zitiert, als sie im Mai 2020 eine Betriebsstättengenehmigung für den neugegründeten Maskenhersteller Hygiene Austria »beschleunigt erwirkte«. Der börsennotierte, erfolgreiche Faserhersteller Lenzing und die Wäschekette Palmers, nach turbulenten Jahren wieder in ruhigerem Fahrwasser unterwegs, sollten der Österreicher größten Wunsch erfüllen. Nicht irgendwelche Masken, sondern in der Heimat hergestellte, sollten vor Virus und Corona-Krise schützen. Von Schande sprach jetzt keiner mehr, als die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) das Unternehmen letzte Woche auf den Kopf stellte, sondern von Betrug und Schwarzarbeit. Mittlerweile schwirrt auch der Vorwurf des Lohndumpings durch die Medien. Die Nachfrage (und der wirtschaftliche Erfolg?), sei so groß gewesen, dass man kurzerhand chinesische Masken unter die rot-weiß-roten mischte - und das in großem Stil. Nach unterschiedlich langen Schrecksekunden nahmen die Eigentümer Stellung - und die Reaktionen aus den beiden Unternehmen könnten unterschiedlicher nicht sein. Während der Lenzing-Vorstand erst vollständige Aufklärung versprach, um dann mit dem Ex-Partner Palmers zu brechen und immer wieder zu betonen, mit der Maskenherstellung nicht der eigenen Bilanz, sondern der Gesundheit der Österreicher dienen zu wollen, setzt Palmers-Chef Tino Wieser auf die echt österreichische Krisenmanagement-Variante: »Das ist doch alles halb so schlimm.« Seine Interviews würden auf jede Kabarettbühne passen, meine zwei Lieblingszitate:
1. »Ein Kriminalist hatte eine Packung vor sich, meinte, es seien 17 chinesische, drei österreichische. Ich selbst bin seit einem Jahr im Maskengeschäft, ich erkenne den Unterschied nicht.«
Und 2. »Made in Austria ist nicht klar geregelt. Und Menschen machen Fehler. Hätte ich gewusst, was dabei rauskommt, hätte ich es mir gespart. Aber so wie mich alle an die Wand nageln – dieser Schuld bin ich mir nicht bewusst. Ja, wir haben Lohnfertiger in Anspruch genommen. Aber die Masken sind bester Qualität.«


Ja, liebe Leute, so einfach geht das. Österreichische Masken sind super und chinesische auch, also wieso dann die ganze Aufregung? Hygiene Austria (und die beiden beteiligten Firmen) haben im Grunde nur noch eine Chance, um dem enormen Imageschaden (der vermutlich bei Palmers deswegen größer ist, weil der Konsument hier direkt am POS »abstimmen« kann) zu entkommen: Es ist dies der seltsame Versuch einiger Politiker, aus der unhygienischen Affäre der Hygiene Austria durch familiäre Verquickungen einen Mini-Polit-Skandal zu machen. Dann wird nämlich Jahre und zahllose Untersuchungsausschüsse später sowieso niemand mehr wissen wollen, was FFP2-Masken sind und wer eventuell falsch etikettierte in Umlauf brachte. Übrigens: Auch Deutschland hat seinen Maskenskandal, wenn auch in ganz anderer Form. Dort haben Abgeordnete der CDU bei der Masken-Beschaffung durch den Bund sechsstellige Summen kassiert. Sie haben innerhalb weniger Tage ihr Mandat und/oder ihre Parteimitgliedschaft verloren. Krisenmanagement - made in Germany!

 




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