Jahresbilanz 2021: Gerry Weber zurück in Gewi...
Jahresbilanz 2021

Gerry Weber zurück in Gewinnzone

Gerry Weber
Angelika Schindler-Obenhaus, CEO Gerry Weber
Angelika Schindler-Obenhaus, CEO Gerry Weber

Der deutsche DOB-Anbieter Gerry Weber hat 2021 erstmals seit dem Eigentümerwechsel schwarze Zahlen geschrieben – trotz eines Umsatzrückgangs. Auch 2022 startete recht erfreulich.

So zufriedene Gesichter sah man schon lange nicht mehr bei einer Präsentation einer Gerry-Weber-Bilanz: Nach harten Sanierungsjahren und einem Eigentümerwechsel schaffte der Mainstream-Anbieter 2021 erstmals wieder einen Gewinn – und das trotz Corona. Zwar ging der Umsatz aufgrund der harten und vor allem im Hauptmarkt Deutschland so langen Lockdowns um weitere 5,5 % auf 262,7 Mio. € zurück. Die Ertragslage verbesserte sich mit einem operativen Ergebnis (normalisiertes EBITDA) von 28,8 Mio. € aber deutlich – und sogar noch stärker als von der Geschäftsführung selbst erwartet (VJ: - 39,7 Mio. €). In diesem Ergebnis enthalten ist zwar auch die sogenannte Überbrückungshilfe III in Höhe von 28,3 Mio. € – doch auch, wenn man die ausklammert, bleibt zumindest eine schwarze Null stehen. Unterm Strich beträgt das Konzernergebnis + 23,0 Mio. €.

Für CEO Angelika Schindler-Obenhaus ist das »ein ganz tolles Ergebnis angesichts der ganzen Herausforderungen, mit denen die Branche weltweit zu kämpfen hat«. Schließlich habe es mit Ausnahme der Sommermonate das ganze Jahr über in wichtigen Märkten Restriktionen von FFP2-Maskenpflicht bis hin zu Lockdowns gegeben, dazu seien die Probleme in der Lieferkette und erste Preissteigerungen gekommen.

»Bombenergebnis« im ersten Quartal

All dies hat sich im 1. Quartal 2022 fortgesetzt und teilweise noch verstärkt – Stichwort Ukraine-Krieg. Und trotzdem wurde auch dieses operativ positiv abgeschlossen. Konkret wurde bei einem Umsatz von 72,9 Mio. € (+ 61 %) ein normalisiertes EBITDA von 1,7 Mio. € (VJ: - 3,5 Mio. €) erreicht. Für Finanzvorstand Florian Frank »in der derzeitigen Situation ein Bombenergebnis«, wie er bei der Vorlage der Zahlen sagt. Schließlich habe sich die Konsumstimmung angesichts des Krieges in der Ukraine und der massiv gestiegenen Lebenshaltungskosten wieder deutlich eingetrübt.

»Gerry begeistert wieder«

Für Angelika Schindler-Obenhaus sind die positiven Zahlen ein klares Zeichen: »Gerry begeistert wieder. Mit inspirierender Mode, exzellenter Passform, hervorragender Preis-Leistung.« Gerry Weber verkaufe nicht nur Produkte, sondern Werte und Gefühle. »Wenn wir die Kundinnen in den Laden bekommen, können wir sie gut bedienen und glücklich machen.« Bestes Beispiel: Vor zwei Wochen gab es in der Filiale am Graben in Wien einen 5.000-Euro-Bon bei einem Mutter-Tochter-Einkaufsbummel. »Es gibt einen breiten Markt für Mainstream«, schließt CEO Schindler-Obenhaus. Davon wolle man nun auch die Fachhandelskunden wieder verstärkt überzeugen.

Besonders stark sieht Schindler-Obenhaus Gerry Weber bei der Hose aufgestellt, »dort haben wir erhebliche Marktanteile gewonnen«, beim Strick habe man hingegen etwas verloren. »Wir sind mit Hochdruck dran, hier wieder Kompetenz aufzubauen.«

Ausblick getrübt

Das zweite Quartal verlief bisher trotz des Ukraine-Kriegs sehr positiv, zumindest was die Umsätze anbelangt. »Wir sehen seit April, wie das Geschäft wieder anzieht. Die Leute wollen wieder leben, jetzt können sie wieder ohne Maske einkaufen, das macht unglaublich viel aus. Sie wollen sich wieder schick anziehen«, berichtet Schindler-Obenhaus. Nachsatz: »Wir hätten eigentlich ehrlicherwiese noch viel mehr Blazer, viel mehr Kleider gebraucht.«

Trotzdem ist der Ausblick aufs gesamte Jahr 2022 getrübt. Die Wirtschaftsprognosen sehen für den Euroraum nur noch ein Wachstum von 2,8 %, für Deutschland gar nur eines von 2,1 % vor. Ein Ende des Krieges ist immer noch nicht absehbar – samt den Folgen auf Lieferketten und Inflation. Auch Befürchtungen erneuter Corona-Restriktionen im Herbst/Winter führt Finanzvorstand Frank ins Treffen. »Wir gehen nicht davon aus, dass sich all diese Themen auflösen – und auch nicht in 2023.«

Die Länder Russland und Ukraine stehen bei Gerry Weber für 6 % des Umsatzes. »Wir können nicht sagen, darauf können wir verzichten«, sagt Schindler-Obenhaus. Die Belieferung der ukrainischen Kunden wurde nach Unterbrechung wieder aufgenommen, ebenso jene nach Russland. Das große Wachstum sei heuer aber natürlich nicht aus dieser Region zu erwarten. »Wir sind jetzt sehr gut und schlank aufgestellt«, glaubt CFO Florian Frank. »Jetzt muss nur irgendwann der Umsatz kommen.«

Derzeit wird aufgrund des scharfen Gegenwinds für das laufende Geschäftsjahr bei einem Umsatz von 310 bis 335 Mio. € (+ 18 bis + 27 %) ein Verlust im niedrigen einstelligen Millionenbereich erwartet.



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