Im ÖTZ-Interview sprachen Marino Edelmann, Managing Brand Director Strellson, und Julian Dangel, Head of Sales & Sales Operations DACH & BENELUX Strellson, über Nachholeffekte, Wachstum und eine erfolgreiche Neupositionierung.
Wie geht es Strellson heute im Vergleich zu 2019?
Edelmann: Es geht uns sehr gut. Vor allem in der Konfektion, die immer unser Flaggschiff war, spüren wir riesige Nachholeffekte. Vor drei, vier Monaten war es, als ob der Bär von der Leine gelassen worden wäre. Die Umsätze sind wirklich fantastisch. Mit unserer Neupositionierung haben wir auch das Produkt erneuert, wir stehen nicht nur für Konfektion, sondern für Outdoor, für Lifestyle für einen Total Look. Wir sind also viel breiter aufgestellt als 2019 und deshalb in der Lage, den Kunden für alle Anlässe abzuholen.
Die Branche ächzt unter Preissteigerungen, Lieferkettenproblemen, Kaufzurückhaltung. Sie nicht?
Edelmann: Trotz der schönen Umsätze gibt es natürlich auch andere Entwicklungen und Themen, mit denen auch wir uns beschäftigen. Auch wir haben in den letzen zwei Jahren versucht, defensiv zu agieren, die Läger zu schonen, auf Sicht zu fahren. Gerade jetzt, da die Nachfrage so ansteigt, sind wir nicht in der Lage, die Nachfrage so zu bedienen, wie wir es vielleicht unter normalen Rahmenbedingungen tun könnten – aufgrund von Logistik und Sourcing. Da gibt es auch hitzige Diskussionen mit vielen Händlern. Aber ehrlich gesagt finde ich es schön, dass wir heute davon sprechen, dass wir zu wenig Ware haben. Vor 18 Monaten dachten wir noch, wir werden die Warenberge nie mehr los. Wie die Flughäfen müssen auch wir unsere Kapazitäten wieder hochfahren. Das wird sich wohl bis Jahresende hinziehen, in manchen Bereichen vielleicht noch länger.
Welche Erwartungen haben Sie an die beginnende Orderrunde?
Dangel: Für uns war es ein wichtiger Schritt, wieder auf der Premium zu sein und unsere Marke mit allen Veränderungen einem größeren Publikum zeigen zu können. Schon im Vorfeld führten wir sehr viele gute Gespräche mit unseren Händlern. Wir erwarten uns ein ordentliches, solides Wachstum, nicht nur gegenüber dem Vorjahr, sondern auch gegenüber 2019. Wir haben schon die Order für Herbst/Winter 2022 mit einem deutlich zweistelligen Plus zu 2019 abgeschlossen. Das wollen wir nun fortschreiben.
Ist der Premium-Markt weniger von der Kaufzurückhaltung betroffen?
Edelmann: Das wäre vermessen zu sagen. Wir merken alle, dass da was kommt. Aber momentan spüren wir es noch nicht in den Zahlen. Noch ist der Nachholeffekt deutlicher als die Kaufzurückhaltung. Es schwebt wie ein Damoklesschwert über uns. Deshalb sind wir auch jetzt vorsichtig und versuchen Dinge, die wir kurzfristig entscheiden können, auch kurzfristig zu entscheiden. Ich bin gespannt, habe aber aktuell ein sehr gutes Gefühl. Ich glaube, dass es auch in den schwierigen Phasen für gute Unternehmen möglich ist zu wachsen.
Worum geht es im Kern bei der Neupositionierung von Strellson? Und wie kommt sie an?
Edelmann: Die erste Sommersaison in der Auslieferung zeigt sehr gute Abverkäufe. Die Marke steht für Unabhängigkeit, für die Schweiz, für Maskulinität. Das hat sich in der Kollektion und in der Marke nicht mehr wirklich gezeigt. Diese Merkmale haben wir wieder herausgearbeitet. Strellson wird jetzt groß geschrieben und tritt selbstbewusster auf. Das Kreuz ist klarer, moderner. Das ist sehr hilfreich und wertet die Produkte extrem auf.
Hilft das auch bei der Neukundengewinnung?
Dangel: Strellson stand immer für eine starke Konfektion, auch für Outerwear, Jacke, Mantel. Erst im Zuge der Covid-Krise und durch die Neuaufstellung ist auch die Sportswear in den Fokus gerückt. So haben wir auch den einen oder anderen Partner im Lifestyle-Bereich gewonnen. In Österreich haben wir zum Beispiel bei Kastner & Öhler eine schöne Total-Look-Fläche eröffnet, die an die Konfektion angrenzt und unser Gesamtpaket zeigt.