Dass das Verständnis für die gegenseitige Abhängigkeit zwischen Handel und Markenherstellern intakt ist, zeigt eine gemeinsame Mitteilung der beiden deutschen Branchenverbände für Modehandel (BTE) und -industrie (GermanFashion).
»Alle Textil- und Schuhgeschäfte sind geschlossen, der Umsatz ist auf Null gesunken«, heißt es in der gemeinsamen Mitteilung. »Das Coronavirus hat die Fashion-Branche genauso heftig getroffen wie Gastronomie und Kultureinrichtungen. Tausende Boutiquen, Schuhgeschäfte und Modehäuser und damit ihre Lieferanten stehen vor dem Aus.«
BTE-Präsident Steffen Jost weist auf den Charakter von Mode als »verderbliche Ware« hin: »Hosen oder Schuhe aus der Frühjahrskollektion kann der Modehandel im Sommer kaum noch verkaufen«, so der der Branchensprecher des Textilhandels.
Warnung vor Insolvenzwelle
Ein großes Problem der Fashionbranche sei zudem die lange, internationale Lieferkette. Selbst während der erzwungenen Ladenschließung werde neue Ware angeliefert, die bereits vor Monaten bei den Lieferanten bestellt wurde und trotz fehlender Einnahmen angenommen und bezahlt werden müsse. Eine Aussetzung der Belieferung sei schwierig, da die Industrie bei ihren Vorlieferanten in der gleichen Situation sei. Partnerschaftliche Lösungen würden zwar diskutiert, würden das Problem aber lediglich verschieben. »Die Produzenten stehen vor großen Herausforderungen, weil bereits die Beschaffung für die Herbstmode läuft und kostenintensive Verpflichtungen bestehen«, erklärt Gerd Oliver Seidensticker, Präsident des Industrieverbandes GermanFashion.
Aufgrund dieser speziellen Situation stehe eine ganze Branche mit Hunderttausenden von Arbeitsplätzen in Handel und Industrie vor dem Aus, warnen die beiden Verbände. Bereits die beschlossenen Öffnungsverbote bis Ende April würden zu zahlreichen Insolvenzen führen. »Wenn nicht spätestens im Mai die Geschäfte wieder öffnen, droht eine noch nie dagewesene Insolvenzwelle speziell von mittelständischen Händlern und Lieferanten«, warnen Jost und Seidensticker.
Dramatisch würden die Folgen für die Innenstädte und Shoppinglagen. Wenn neben der Gastronomie Boutiquen, Schuhgeschäfte und Modehäuser für immer ihre Türen schließen, würde neben der Lebensqualität auch das Gewerbesteueraufkommen in den Städten und Gemeinden massiv sinken. »Der Internethandel kann diese Lücke nicht einmal in Ansätzen schließen«, mahnt Jost.
Forderung nach Schutzschirm – und Sonntagsöffnung
Beide Verbände fordern daher rasche Hilfen von der Politik. Ein finanzieller Schutzschirm wäre die beste Lösung. Nach Ende der erzwungenen Ladenschließung wären ebenso neue unbürokratische Möglichkeiten für Sonntagsöffnungen eine echte Hilfe. »Der stationäre Handel braucht jede sich bietende Gelegenheit zum Verkauf seiner Produkte, damit er auch künftig noch am Standort bestehen und Arbeitsplätze in Handel und Industrie sichern kann!«, fordert BTE-Präsident Jost. Die Verbände werden mit einem konkreten Maßnahmenkatalog auf die Politik zugehen.