Obwohl der physische Handel immer wieder totgesagt wird, gibt es zahlreiche eCommerce-Unternehmen, die in letzter Zeit ihr Glück auf der Fläche gesucht haben.
Zalando, Amazon, Asos, Ebay und neuerdings der chinesische Textilgigant Shein, sie alle wurden im Netz groß und probieren sich jetzt in kleinen Ladenlokalen in bekannten Einkaufsstraßen rund um den Globus. Die Motivation dahinter ist klar: Eine physische Präsenz kann ein wertvolles Mittel sein, bei Kunden einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen.
Dabei setzt man in der Regel auf durchchoreografierte Pop-up-Stores, die als Showroom und Image-Plattform fungieren. Indem die digitalen Player hinter ihrem Schirm hervorkommen, können sie Markenbewusstsein und Sichtbarkeit steigern, persönliche Erlebnisse bieten und so die Aufmerksamkeit der Kunden gewinnen.
Amazon
Amazon, die Mutter aller Online-Shops hat nicht nur massive digitale Fußspuren hinterlassen, sondern manifestiert sich immer mehr mit echten Läden auf echten Einkaufsstraßen. 2016 eröffnete man mit Amazon Go die erste kassenlose Supermarktkette der USA. Als Amazon Fresh hat das Konzept seinen Einzug in europäische Städte gehalten. Vergangenen Sommer eröffnete der Onlinehändler dann in der Nähe von Los Angeles ein 2.800 Quadratmeter großes Modehaus. Dort versucht man die Brücke zwischen On- und Offline-Welt zu schlagen, beispielsweise mit KI, die Kunden bei der Auswahl von Mode durch personalisierte Empfehlungen helfen soll. Zudem können Kunden, die über die Amazon-App einkaufen, dort ihre Waren anprobieren. Im Angebot sind neben den eigenen Labels bekannte Brands wie Tommy Hilfiger oder Calvin Klein. Amazon war zuvor bereits der größte Modehändler der USA, hatte aber lange einen Bogen um stationäre Läden gemacht. Ob Amazon Style ausgeweitet wird, steht aber noch in den Sternen.
Zalando
Bevor der 2008 gegründete deutsche Online-Retailer mit kreischenden Frauen für sein Bestell-Angebot warb, waren noch wenige Menschen darauf gekommen, Schuhe im Netz zu bestellen – zu weit her geholt schien dieser Gedanke. Nach Jahren in den roten Zahlen schafften die Berliner den Turn-Around, als Household-Name für den Versand von Mode jeder Kategorie und Preisklasse. Mittlerweile haben sie sich aber über die D-A-CH-Grenzen hinaus einen Namen gemacht. Mit physischen Shops liebäugelte das Unternehmen relativ bald: 2012 eröffnete man den ersten Outlet-Store in Berlin-Kreuzberg, mittlerweile ist man in der gesamten Bundesrepublik mit diesen Läden präsent. Es folgten diverse Pop-up-Aktionen, etwa auch in Wien. 2019 erfolgte dann der Kick-off zu den Zircle-Stores. Damit holt Zalando auch sein Vintage-Angebot auf die Fläche. Das Zircle-Flaggschiff befindet sich im Berliner Einkaufszentrum Alexa, wird aber seit 2021 von einer Reihe von Zircle-Pop-ups begleitet.
Asos
Als Vorbereitung auf den letzten Black Friday launchte der Fashion-Retailer Asos zwei experimentelle Pop-ups in London und Manchester, um so auf das besondere Black Friday-Angebot aufmerksam zu machen. Im Szeneviertel Shoreditch im Osten der britischen Hauptstadt baute man einen Laden im Stil einer Spielhalle auf, wo Besucher exklusive Preise gewinnen konnten, etwa Gutscheinkarten, Asos-Merchandise, Asos-Designermode oder Kosmetika. Bei den kostenlosen Event erhielt jeder Gast zudem eine Asos-Tasche und einen Gratis-Kaffee, wenn man die Asos-App installierte.
Shein
In Tokio gibt es seit November einen permanenten Store, der Online-Gigant eröffnete aber auch mehrere erfolgreiche Pop-ups und baut nun seine stationäre Strategie aus. In Großbritannien launchte man letztes Jahr anlässlich der London Fashion Week ein Pop-up-Event, ebenso zu Weihnachten. Bereits im August gab es die erste Location am Berliner Ku’damm, im September in München, im Dezember erfolgte die Eröffnung in Köln. Derzeit ist das Unternehmen auf der Suche nach einer passenden Location für ein Pop-up in der Schweiz.
Egal wo, das Konzept ist überall ähnlich: Die Shops sind Showrooms, die auf Wohlfühlatmosphäre setzen. Neben der Kollektion gibt es Workshops, Tauschbörsen und Beauty-Stylings sowie Eis- und Café-Bars. Spezielle Gadgets sind Nagel-Maschinen, die Designs direkt auf die Nägel drucken können oder eine 360°-Apparatur, die sich um die Besucher dreht und einen lustigen Clip aufnimmt, den man auf Social Media posten kann. Gekauft wird später online indem man die Barcodes auf den ausgestellten Stücke scannt.
eBay
Die Versteigerungsplattform eBay hat sich im Laufe der Zeit immer mehr um Marktplatz gewandelt, natürlich auch mit einem gewichtigen Schwerpunkt auf Mode. Auch hier gab es immer wieder stationäre Experimente und Pop-ups. Im vergangenen Sommer tat sich das Unternehmen dann mit der britischen Restaurant-Kette Morley’s zusammen. Die kultige Hähnchen-Braterei, die ihre Hauptfiliale für das Event speziell ausstattete, diente als Anlaufstelle für Sneakerheads, die hier die Möglichkeit hatten, seltene Sneakers zu ergattern. Wer bei einem Gewinnspiel Glück hatte, der konnte sein Traumpaar sogar zum ursprünglichen Verkaufspreis ergattern.