Colliers Immobilienmarktbericht: »Der Retail-...
Colliers Immobilienmarktbericht

»Der Retail-Markt atmet auf«

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AlphaTauri, die Premium Fashion Brand von Red Bull, eröffnet Ende diesen Jahres einen neuen, rund 400 m großen Flagship-Store am Graben in Wien.
AlphaTauri, die Premium Fashion Brand von Red Bull, eröffnet Ende diesen Jahres einen neuen, rund 400 m großen Flagship-Store am Graben in Wien.

Der Immobilienmakler Colliers berichtet von zahlreichen Neueröffnungen und großer Nachfrage nach Ladenlokalen vor allem in der Wiener City. Die Mieten bleiben deshalb entgegen den Erwartungen hoch – zumindest in den Top-Lagen.

Die Pandemie beschäftigt den österreichischen Einzelhandel 2021 zusehends weniger. Der Umsatz hat auch im Non-Food-Handel beinahe wieder das Vorkrisenniveau erreicht. Das beflügelt auch die Expansionslust im Handel. »Schon im ersten Quartal wurden etliche interessante Flächen in Bestlagen erfolgreich vermittelt«, schreibt der Wiener Immobilienmakler Colliers in seinem jüngsten Marktbericht. »Durch freiwerdende Flächen in teilweise sehr guten innerstädtischen Lagen ist der Markt gerade jetzt für Unternehmen, die die Krise gut überstanden haben, besonders interessant.«

So eröffnete kürzlich die Porsche-Gruppe einen Concept-Store zum Thema Elektromobilität unter dem Label Mooncity in der Wiener Kärntner Straße. Mit Polestar findet sich seit Juli eine neue schwedische Elektro-Automarke in der Herrengasse wieder, das ukrainische Modekonzept Mukha hat in der Spiegelgasse seinen zweiten Standort im 1. Bezirk angemietet, Glashütte folgt am Graben auf Fossil und Alpha Tauri zieht gleich nebenan im ehemaligen Nespresso-Store ein. »Während sich Marken aus dem Bereich Premium & Luxury bisher fast ausschließlich am Kohlmarkt oder im Goldenen Quartier angesiedelt haben, steigt nun auch die Nachfrage nach Flächen am Graben«, berichtet Colliers-Einzelhandelsspezialistin Tanja Tanczer. »Das Goldene U erfährt somit insgesamt eine Aufwertung und mehr Markenvielfalt.« In dieses Bild fügt sich auch das im Bau befindliche 5-Sterne-Hotel Rosewood Vienna, das gegenwärtig auf den Flächen der ehemaligen Erste Bank realisiert wird.

„Anders als mancherorts befürchtet, tut das ungebrochen starke Online-Wachstum der Bedeutung von Filialen keinen Abbruch.“
Tanja Tanczer, Colliers International, Wien
Auch die Seitengassen des Goldenen U entwickeln sich gut. In der Wallnerstraße wird in Kürze das Florentiner Designer-Label Ermanno Scervino eröffnen, Designerin Lena Hoschek residiert seit Mai in der Seilergasse 16 und Why not vintage?, ein hochwertiger Second-Hand Store, ist seit April in der Goldschmiedgasse 7a situiert. Künftig werde außerdem auch am Bauernmarkt 2 ein internationales Premium-Konzept anzutreffen sein, verrät Tanczer ohne Namen zu nennen.

Mieten bleiben stabil

»Retailer und Gastronomen zeigen sich gerade jetzt äußerst innovativ und treiben Entwicklungen voran, die ohne Corona-Krise wohl deutlich langsamer vonstatten gegangen wären«, meint Tanczer. »Anders als mancherorts befürchtet, tut das ungebrochen starke Online-Wachstum der Bedeutung von Filialen keinen Abbruch.« Lediglich Konzepte mit dichtem Ladennetz würden auf mit der Schließung einzelner Filialen reagieren.

Da besonders in den Top-Lagen Wiens die Nachfrage von Retailern und Gastronomen ungebrochen groß sei, bleiben hier auch die Mieten stabil bis steigend – »anders als in den meisten europäischen Metropolen«, wie Tanczer berichtet. In den B- und C-Lagen hingegen seien derzeit niedrigere Mieten und Zugeständnisse durch Eigentümer üblich.
Tanja Tanczer, Head of Retail beim Wiener Immobilienvermittler Colliers
Colliers
Tanja Tanczer, Head of Retail beim Wiener Immobilienvermittler Colliers

Mariahilfer Straße profitiert von KaDeWe und Ikea

Die Mariahilfer Straße bleibt insbesondere bei Einheimischen eine äußerst beliebte Einkaufsdestination. Mit einer Passantenfrequenz von rund 76.000 Personen an Samstagen werden hier nach der Innenstadt die höchsten Frequenzen gemessen – bei deutlich jüngerem Publikum. »Es verwundert daher nicht, dass sich insbesondere viele jüngere, günstigere und innovative Marken hier ansiedeln«, schreibt Colliers. Seit Bekanntwerden der KaDeWe-Entwicklung am unteren Ende der Mariahilfer Straße bestehe auch eine erhöhte Nachfrage von Seiten exklusiverer Konzepte. So hat Ende 2020 die Parfümerie Nägele & Strubell einen neuen Standort auf der Mariahilfer Straße 45 eröffnet. Im Bereich der oberen Mariahilfer Straße zwischen Zieglergasse und Westbahnhof konnten zuletzt vereinzelt Leerstände festgestellt werden. Der kürzlich eröffnete Ikea neben dem Westbahnhof samt öffentlich zugänglicher Dachterrasse sollte jedoch für eine entsprechende Aufwertung dieses Bereichs sorgen.

Shopping Center kämpfen vermehrt mit Leerständen

Bereits vor der Coronakrise hatten einige Shopping Center damit zu kämpfen, sich von der Konkurrenz abzusetzen und an geänderte Kundenbedürfnisse anzupassen. Die Tendenz zu Leerständen hat sich durch die Pandemie verstärkt. Da sich eine gleichwertige Neuvermietung derzeit als herausfordernd darstellt, werden diese Leerstände häufig mit hochwertigen Pop-up-Lösungen bespielt. Damit gelingt es auch, dem Kunden weiterhin ein abwechslungsreiches und stimmungsvolles Einkaufserlebnis zu bieten.
Gleichzeitig hat die Krise dazu geführt, dass Betreiber nun die oft bereits im Vorfeld von Corona angedachten Neupositionierungen verstärkt forcieren. Prominentes Beispiel: Die beiden größten Shopping Center Österreichs, Donau Zentrum und Shopping City Süd, wurden soeben einem Rebranding unterzogen und möchten unter der neuen Marke Westfield ihr Selbstverständnis als Shopping- und Entertainment-Destination unterstreichen.

Probleme in Salzburg, Linz und Graz stabil

»In Salzburg stellt das gegenwärtige Ausbleiben der Touristen aus dem asiatischen Raum insbesondere die exklusiven Konzepte in der historischen Innenstadt vor Schwierigkeiten und sorgt für höhere Fluktuationsraten. Der Einzelhandelsmarkt in Linz ist hingegen auch dank des kaufkräftigen Einzugsgebiets außerordentlich stabil. Der leichte Rückgang des Mietniveaus in der Linzer Innenstadt ist primär auf die starke Konkurrenz durch Shopping Center vor den Toren der Stadt zurückzuführen«, schreibt Colliers zur aktuellen Situation in den größten Landeshauptstädten. »Auch Graz steht trotz der vergleichsweise geringen Bevölkerungszahl bei internationalen Retailern hoch im Kurs, wobei Shopping Center dem Einzelhandel in der Innenstadt zu schaffen machen. Dies zeigte sich zuletzt an sich häufenden Leerständen in den Top-Lagen der Grazer Innenstadt.«



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