'Humanizer' Hannes Sonnberger hat sich, ursprünglich aus der Werbebranche kommend, dem Systemischen Coaching verschrieben. Als Business Coach will er – der Krise geschuldet – neue Tools anbieten und Sinn vermitteln.
„Dieses Buch ist banal,“ formuliert Hannes Sonnberger in seiner „Toolbox“, dem „beinahe ultimativen Universal-Handbuch für Führungskräfte“ einleitend. Die 300-Seiten-Fibel sei „geschrieben in der vielfach erlebten Erfahrung, dass die wirklich guten und lebbaren Ideen in ihrer Substanz einfach sind. Diese Erkenntnis hat mich auch schon den einen oder anderen Klienten gekostet. Das hat mich natürlich geschmerzt. Aber noch viel mehr Schmerz hätte es mich gekostet, abzugehen von meiner unbedingten Triebfeder, so lange wie möglich nach der Einfachheit des Guten zu suchen. Das Einfache ist gut. Das Gute ist einfach. Dabei möchte ich bleiben.“
Sonnberger, heute 62, war 20 Jahre in der Werbebranche tätig, zuletzt als CEO bei BBDO, ist nun seit 16 Jahren als Business Coach eben dieser „Einfachheit des Guten“ verpflichtet. Spezialisiert ist er in seiner Tätigkeit als zertifizierter Systemischer Coach auf die Begleitung von Führungskräften, genauso wie aufs Teambuilding in großen Workshops.Die Coronakrise hat auch sein Geschäftsfeld verändert. „Führen“, mahnt er im Gespräch mit HORIZONT und ganz dem Eingangsstatement folgend, sei „nicht die Herstellung von Erfolg, sondern vor allem die Vermittlung von Sinn.“ Gerade jetzt in Coronazeiten.
Krisenkommunikation
Was hat sich verändert in der Teamführung unter den Bedingungen von Lockdown, Homeoffice und unaufhörlichen Videokonferenzen? Sonnberger macht vor allem ein Kommunikationsproblem aus. Führungskräfte müssten mit ihren Teams viel intensiver kommunizieren als früher. „Wo vor Corona daily stand-ups für viel Kontakt und Austausch sorgten, herrschen nun manchmal Defizite, die den Teamerfolg einschränken können, weil zu viel Abstand herrscht.“ Gerade bei Teams, die sehr kollaborativ und agil arbeiten würden, fehle der Kontakt. Auch das leichte Schwingen in einem Thema, der Spaß mittendrin, sei nun – in den vielen Videokonferenzen – viel schwieriger herzustellen.
Was Sonnberger in seinen Coachings – derzeit ebenfalls oft via Videokonferenz abgehalten – erlebt, sind verstärkt belastende Themen bei Führungsfragen. „Die Konflikte eskalieren schneller, die Nerven liegen früher blank. Weil man den persönlichen Draht in 2D viel schwerer herstellen kann als in 3D.“ Und er erinnert an eine alte Regel: „Von 100 Prozent kommunikativer Wirkung erzielt man zehn Prozent über Worte, 30 Prozent über die Stimme und 60 Prozent über die Körpersprache. Wenn die Menschen sich also ausschließlich E-Mails schicken, reduzieren sie die Wirkmacht ihrer Botschaft auf lächerliche zehn Prozent.“
Fokussierung
Seine eigene Arbeitsweise – Sonnberger beschreibt sich als „Humanizer“, der „im Ressourcenbergwerk des Klienten empathisch nach Lösungen sucht und auch die feinen Schwingungen erfasst“ – hat sich durch die Krisensituation und das „Distance Coaching“ naturgemäß verändert. „Ich bin schneller, dichter und fokussierter geworden, notgedrungen, aber auch ergebnisstiftend.
Nach 4.000 Klienten, die er in 16 Jahren einzeln oder in der Gruppe betreut habe, verfüge er über ein gewisses Gespür, das ihn nun auch gelassener mit Beratungsimpulsen umgehen lasse. „Der klassische Coaching-Zugang sagt zwar, dass man die Dinge aus den Klienten selbst herauskitzeln muss – die Schatzgräberei als Königsdisziplin – aber wenn dir jemand gegenüber sitzt, dem es schlecht geht und der in Not ist, dann berate ich diesen Klienten auch unbekümmert, gebe ihm Tipps und Hinweise.“ Der Lage geschuldet und für besonders geforderte Manager vorgesehen, die sich in der derzeit schwierigen Situationen bewähren müssen, hat der Business Coach ein maßgeschneidertes, kompaktes Programm entwickelt, „das remote sehr gut funktioniert“, wie er sagt. Vitamin „F“ im Sechserpack (mit den Themen Führung, Teamarbeit, Konfliktmanagement, Zeit-/Stress-Management, Kommunikation und Motivation) bietet an zwei Tagen und in insgesamt sechs Video-Seminar-Slots á zwei Stunden konzentrierte Wissensvermittlung an. Jedes Thema ist dabei auch einzeln als Intensivseminar buchbar, Einzel-Coachings kommen als Nachintervention. Hat Sonnberger den Abschied aus der Werbebranche – unter seinen Referenz-Kunden finden sich alle wichtigen Agenturen des Landes – jemals bereut? Er verneint: „Ich habe meinen Job damals gut, aber nicht mehr gerne gemacht. Mit der Zeit kam ein gewisser Mangel an Sinn dazu – weil es nicht mehr spannend war, ob dieses Auto einen beleuchteten Aschenbecher hat oder jene Damenbinde noch saugfähiger ist. Als ich dann Kunden aus dem Bauch heraus in Führungsfragen beraten habe, hat es Klick gemacht: Ich habe bemerkt, dass ich über ein Talent verfüge, das ich zu wenig nutze. So banal ist das.“