Kommentar: Warum einem Händler richtig leidtu...
Sabine Klimpt

In zumindest zwei Bundesländern ist der nächste harte Lockdown fix. Die vierte Welle kommt für den Handel zu einem verheerenden Zeitpunkt.

Jetzt heißt es schnell sein, sagt eine Bekannte. Sie denke nicht daran, alle Weihnachtsgeschenke online zu bestellen – also: raus in den Handel, wo noch mehr Zeit der Verkaufsberater und Verkaufsberaterinnen für 2G-Kunden winkt. Aber vielleicht wird die Bundesregierung heute schon ganz anders entscheiden – und die Läden müssen wieder in einen harten Lockdown. Für eine Woche? Für zwei? So oder so: die aktuelle Lage drückt auf die Konsumstimmung, so ein unbeschwerter Bummel durch die Stadt fällt selbst der Neigungsgruppe Booster nicht leicht. Die so genannte vierte Welle kommt für den Handel zu einem verheerenden Zeitpunkt. Zwei Millionen Menschen mussten bereits vom Shopping ausgeschlossen werden – weil sie sich für einen Weg entschieden haben, der Sturheit über Gemeinsinn stellt.

Nun herrscht ja Einigkeit, dass dieser Gemeinsinn in modernen, freien Systemen nicht verordnet werden kann. Aber langsam sollte man sich schon fragen, ob dieses Dogma auch in Krisenzeiten dauerhaft aufrecht zu erhalten ist.

Der Handel kann einem derzeit richtig leidtun. Wenn nun auch das Geschäft vor und nach Weihnachten mehr oder weniger ausfallen sollte, und Konsumenten zwar zum Impfen, nicht aber zum Einkaufen in die Shoppingzentren kommen: Wie lange halten Unternehmen das noch aus? Die Forderung nach einem Ausfallbonus auf Basis 2019 kann nicht laut genug sein. Aber es muss schneller, vor allem aber treffsicherer geholfen werden. Auch der neue WIFO-Chef Gabriel Felbermayr prangert in einem Interview mit dem Kurier die Fehler aus 2019/20 an: »Es wäre schön, wenn wir die Hilfen besser evaluiert hätten und etwa bei den Fixkosten nicht nur Leasingfirmen, Immobilienbesitzern und Banken geholfen hätten. Auch beim Umsatzersatz haben wir den starken Verdacht der Überförderung.«

Wie viel Umsatz der Handel in den nächsten Wochen tatsächlich verlieren wird, hängt auch und vor allem von den politischen Entscheidungen der nächsten Tage ab. Und dem politischen Mut, gegen den Willen eines Viertels der Bevölkerung die Impfplicht der Gurtenpflicht gleichzusetzen. Und so der gesamten österreichischen Bevölkerung Aussicht auf Normalität zu geben. Jene Normalität, die uns schon viel zu lang versprochen wurde – und die sich weniger denn je einstellen will.

Die Lobby von Tourismus (ein sofortiger harter Lockdown soll die Skisaison retten - Après-Ski wird von wildgewordenen Wirten aus Ischgl neuerdings als »Kulturgut« bezeichnet) und vom Lebensmitteleinzelhandel (die Ketten dürfen nach wie vor Non-Food-Ware verkaufen, natürlich auch an Ungeimpfte) ist aktuell offenbar stärker als jene der vielen Einzelhändler in Österreich. Bleibt zu hoffen, dass Einzelhandelssprechern wie Rainer Trefelik oder Rainer Will als Rufern in der Wüste nicht die Luft ausgeht. Immerhin steht gerade die Zukunft vieler (vor allem kleinerer) Einzelhändler auf dem Spiel!

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