Nachdem Zalando und Asos die Zusammenarbeit mit dem britischen Fast Fashion-Anbieter Boohoo aufgekündigt haben, zeigen sich die Missstände in der britischen Textilindustrie.
Die Industrielle Revolution hat den Grundstein für unseren heutigen Wohlstand gelegt und die Art, wie wir leben, radikal verändert – mit positiven, aber auch negativen Auswirkungen. Viele Probleme, die durch den Wechsel vom Handwerk zur Fabriksarbeit oder vom Landleben zum Stadtleben entstanden sind, wurden seit dem 19. Jahrhundert behoben. Manche aber bestehen weiterhin. In den vergangenen Wochen geriet besonders die Fleischindustrie in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. Nicht nur der Schlachterei-Gigant Tönnies, auch The Yard im US-amerikanischen Chicago stand und steht massiv unter Beschuss. Diese gigantische Fleischer-Anlage gilt als eine der Keimzellen der Industriellen Revolution auf der anderen Seite des Atlantiks. Auf dieser Seite verbindet man mit der historischen Entwicklung eher die Textilindustrie, die in Europa die Produktion in großem Maßstab begründet hat.
Leicester, das heimischen Fußballfans wohl eher wegen Christian Fuchs, der hier seit 2015 kickt, bekannt ist, geriet kürzlich in die Schlagzeilen, nachdem Zalando und Asos ankündigten, Mode des britischen Fast-Fashion-Herstellers Boohoo aus dem Angebot zu nehmen.
In den Textilfabriken vor Ort begannen behördliche Untersuchungen. Wie ein Sprecher der National Crime Agency erklärte, habe man wegen moderner Sklaverei und Menschenhandel Untersuchungen eingeleitet. Laut der britischen Sunday Times würden Arbeiter, die die Kleidungsstücke für Boohoos »Nasty Gal«-Kollektion herstellten, einen Lohn von 3,50 Pfund in der Stunde bekommen – bei einem britischen Kollektivlohn von 8,72 Pfund. Auch würde die grundlegende Arbeitssicherheit systematisch ignoriert. Die Behörden sahen zudem keinerlei Bemühungen, der Verbreitung des Corona-Virus Einhalt zu gebieten. So hätte man keine Arbeiter mit Maske angetroffen und auch Abstandsregeln seien nicht implementiert worden. Zudem seien Arbeiter, die bereits an Covid-19 erkrankt waren, gezwungen worden zur Arbeit zu kommen.
Seit Juli haben die Aktien von Boohoo auf Grund der aktuellen Vorwürfe allerdings ein Fünftel ihres Wertes verloren. Mittlerweile bemüht sich das Unternehmen um Schadensbegrenzung. Von den Vorwürfen höre man zum ersten Mal, sollten diese aber wahr sein, sei das »völlig inakzeptabel«. Boohoo hatte bereits vor einigen Monaten angekündigt, ein vollständiges Audit aller Fabriken durchführen lassen zu wollen. Man wolle überprüfen, ob alle Lieferanten die Regeln zu Mindestlohn und Sicherheitsbestimmungen einhielten. Auf politischen Druck hin will das Unternehmen dafür nun unabhängige Stellen heranziehen.