Die Marktführer halten sich noch relativ konstant, während der Diskont weiter wächst. Massive Kahlschläge gibt es vor allem auf den hinteren Rängen – ebenso jedoch interessante Neuzugänge.
Der Standortberater Standort + Markt aus Baden analysiert alle zwei Jahre die Ladennetze aller filialisierten Betriebe Österreichs. Soeben wurden die Daten für 2021 präsentiert, der Textilzeitung wurden exklusiv weitere Details zum Modemarkt zur Verfügung gestellt.
Laut Expansionshandbuch 2021 sind in Österreich aktuell 678 nationale und internationale Filialisten tätig. Die Sparte Fashion ist mit 135 filialisierten Unternehmen der klare Spitzenreiter, gefolgt von der Gastronomie (inkl. Entertainment) mit 78 Konzepten und Lebensmittelgeschäften (54). Und noch immer wird fleißig expandiert: Über 27.500 Niederlassungen zählen die Filialnetze all dieser Firmen gemeinsam, um 2.000 mehr als noch vor zwei Jahren. 53 neue Storekonzepte finden sich zum ersten Mal im Expansionshandbuch – mit 11 neuen Marken liegt auch hier die Bekleidungsbranche ganz vorne, ex aequo mit der Gastronomie.
Bei der Zahl der Standorte rangiert allerdings wenig überraschend der Lebensmittelhandel ganz vorne (knapp 6.200 Niederlassungen), gefolgt von 5.650 Standorten im Dienstleistungssektor, wofür in erster Linie die vielen Bankfilialen verantwortlich sind, die man bis in die kleinsten Gemeinden über das ganze Land verstreut findet. Im Modesektor zählt Standort + Markt derzeit 2.950 Filialstandorte.
Schließungen und Pleiten
Während in Summe die Filialisten in Österreich weiterhin expandieren, verläuft die Kurve in der Modebranche inzwischen klar nach unten. Den weitaus bedeutendsten Rückgang brachte die Pleite von Charles Vögele, die in den Jahren 2017 bis 2019 das Aus für gut 130 Modegeschäfte bedeutete. »Seit 2017 verschwanden auch immer mehr kleinere Mitspieler von der Bildfläche, z. B. Grain de Malice, Bonita men, Motivi, Kappa oder Pieces, um nur einige zu erwähnen«, sagt Roman Schwarzenecker, Prokurist bei Standort + Markt.
„Das Corona-Virus ist ganz sicherlich ein weiterer Treiber der Abwärtsspirale, aber auch schon vor dessen Ausbruch mussten einige Bekleider der schlechten Lage in der Modebranche Tribut zollen.“
Roman Schwarzenecker, Standort + Markt
Für die Varner-Gruppe der Ausflug nach Österreich mit keiner ihrer Vertriebsschienen von Erfolg gekrönt (Bik Bok, Carlings und Dressmann). »Auch OVS strauchelte schon vor der Pandemie, XYZ zog sich ebenfalls schon davor aus dem österreichischen Markt zurück«, berichtet Schwarzenecker. Selbst langjährige Marktteilnehmer wie Promod und Van Graaf verschwanden.
Von der Corona-bedingten Pleitewelle war Colloseum mit vormals 56 Standorten die größte. »Stefanel musste genauso Konkurs anmelden wie Mr. Sahm, Airfield, Max Great Menswear oder zuletzt Pimkie und Strandmeister«, erinnert Studienautor Schwarzenecker. »Diese unselige Auflistung ist leider hier noch nicht zu Ende und wird uns auch in Zukunft noch länger beschäftigen.«
Interessante Neuzugänge
Doch es gibt auch positive Neuigkeiten aus dem so gebeutelten Bekleidungssektor: »Olymp & Hades aus der Görgens-Gruppe konnte sich etablieren und zulegen – übrigens genauso wie die Schwestermarke Kult –, der Wäscheanbieter Change Lingerie konnte ebenfalls weitere Filialen aufsperren.« Als weitere interessante Neuankömmlinge nennt Standort + Markt die H&M-Tochter & other stories sowie Urban Outfitters, ebenso Gant als Rückkehrer auf den österreichischen Markt. Die Rückkehr versucht hat auch Springfield mit mehreren neuen Filialen – und ist auch schon wieder Geschichte. Ebenso übrigens wie das aus dem selben Konzern stammende Wäsche-Konzept Women‘secret.
„Naturgemäß halten sich Unternehmen sehr zurück mit einer etwaigen Expansion in Zeiten der Pandemie, auch wenn diese vielleicht davor noch auf dem Plan gestanden wäre.“
Roman Schwarzenecker, Standort + Markt
Auch drei Marken aus dem Bereich Sportbekleidung sind zuletzt mit Filialen gestartet, nämlich JD Sports, Asics und Patagonia. Mit dem belgischen Filialisten Paprika versucht wieder einmal ein Spezialist für Damenmode in großen Größen Fuß zu fassen, die ersten Geschäfte gibt es in der SCS und im Donau Zentrum. Calvin Klein ging mit Spezialgeschäften sowohl für Underwear als auch für Jeans an den Start. Als Beispiel für eine erfolgreiche Filialisierung heimischer Unternehmen hebt der Standortberater das oberösterreichische Wohlfühl-Modehaus Mittermayr sowie RuNi Moda Italia mit Standorten in Oberpullendorf, Mattersburg, Eisenstadt, Wiener Neustadt und St. Pölten hervor.
In Zeiten der Pandemie halten sich die Unternehmen naturgemäß sehr zurück mit ihrer Expansion. Einige Markteintritte waren in den letzten Monaten dennoch zu verzeichnen: Intrend, ein Outlet-Konzept des italienischen Modekonzerns Max Mara, eröffnete seinen ersten Store hierzulande in den Pado Shopping Galerien in Parndorf. Victorinox setzte im November in Wien den Startschuss für sein neues Franchise-Konzept. Und Bergspezl, ein schon vor 30 Jahren in Salzburg gegründeter Sportartikelhändler, kündigte unter neuer Führung (Ex-Hervis-Geschäftsführer Alfred Eichblatt) eine österreichweite Expansion an.
Schließungswelle im Mainstream-Markt
Marktführer H&M hat sein Filialnetz über die letzten vier Jahre noch leicht um zwei Standorte auf 78 Filialen ausgebaut, während die Nummer zwei, C&A, seit 2017 bereits jedes vierte Geschäft geschlossen hat (- 32 auf 101 Standorte). Relativ konstant zeigen sich die Ladennetze von wichtigen Playern am Mainstream-Markt wie New Yorker, Tom Tailor, Street One, Cecil und Orsay. Klar nach unten gehen die Filialzahlen jedoch bei s.Oliver (- 10 auf rund 80), Esprit (- 20 auf 60), Benetton (- 20 auf 50) und Jones (- 31 auf 39; Werte teilweise geschätzt/gerundet). Zu umfangreichen Filialschließungen gezwungen waren auch Gerry Weber und Tally Weijl, die nun beide nicht mehr zu den Top 20 Bekleidungshändlern des Landes gehören. Am härtesten traf es aber Bonita: Der Best-Ager-Spezialist schloss seit 2017 beinahe jeden zweiten Standort und hält nun bei nur noch 54 Filialen im Land.
Hauptgewinner: Fussl Modestraße
Weitgehend unbemerkt setzten hingegen vor allem jene Filialkonzepte ihre Expansion fort, die sich schwerpunktmäßig in den Fachmarktzentren an den Ortsrändern ansiedeln. Jenen Fachmarktgebieten, denen auch Corona weit weniger anhaben konnte als den von Frequenzrückgängen schwer gebeutelten Innenstädten und Einkaufszentren. Nahversorger NKD ist schon seit mehr als zwanzig Jahren der Filialist mit den meisten Standorten in Österreich – er konnte sein Filialnetz zwischen 2017 und 2021 von 280 auf 300 Standorte weiter ausbauen. Auch Kik legte um acht Geschäfte auf 260 Niederlassungen zu. Takko blieb mit 115 Standorten immerhin stabil. Der mit Abstand größte Gewinner im Vier-Jahres-Vergleich aber ist ein Local Player: Die Fussl Modestraße hielt 2017 noch bei 92 Filialen und kommt heute auf 150 Modegeschäfte im ganzen Land – ein Plus von 57 Niederlassungen.