Regionalität, Click & Collect, Retailment, Nachhaltigkeit: Mit der Pandemie sind im Handel viele neue Themen in den Fokus gerückt. Der »kleine« Händler vor Ort kann sich mit seinen Dienstleistungen im geänderten Umfeld sehr gut behaupten, meint Shopcoach Brigitte Ordo.
Nicht nur der Online-Handel war der große Gewinner der Corona-Pandemie. Auch die kleineren, regionalen Modehäuser und Boutiquen haben sich in den Zeiten abseits der harten Lockdowns durchwegs besser geschlagen als die großen Tanker des Modehandels. »Viele Kunden haben erst in der Pandemie gemerkt, dass es da auch ein nettes, attraktives Geschäft gleich ums Eck gibt«, weiß Brigitte Ordo. Genau diesem lokal verankerten »kleinen« Modehandel hat sich die Expertin verschrieben, seit sie vor drei Jahren die Seiten gewechselt und sich als Shopcoach selbstständig gemacht hat. Zuvor war die studierte Betriebswirtin drei Jahrzehnte lang für große und mittelgroße Modefilialisten (u. a. Palmers, Gerngross, Mango) in Bereichen wie Personal, Marketing und Ladengestaltung tätig. Seit 2018 setzt sie ihren Erfahrungsschatz nun zur Unterstützung von KMUs des Textilhandels ein.
Schnell, authentisch, nah an den Kunden
Aktuell wichtigstes Thema ist für sie natürlich, wie man die Kunden zurück in die Läden bringen kann. »Mit Corona wurde der Point of Sale plötzlich zum Point of Fear«, diagnostiziert die Beraterin. Im Laden lauerte (vermeintlich) die Gefahr der Ansteckung. Besonders Geschäfte in großen Einkaufszentren wurden gemieden, stattdessen wurde lieber nahe dem Wohnort eingekauft. Der lokale Handel nützte seine Chance und spielte seine Stärken aus: Kurze Entscheidungswege, Authentizität und Kundennähe – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Der Wintermantel im Schaufenster (oder in der digitalen Auslage auf Instagram) gefällt? Ein kurzer Anruf bei der Shopbesitzerin genügt! Ein Private-Shopping-Termin abseits der (pandemiebedingt oft verkürzten) Öffnungszeiten? Auch das ein Service, das die kleine Boutique im Gegensatz zum großen Handelskonzern sehr einfach anbieten konnte. Angesichts dessen könnte der klein strukturierte Einzelhandel durchaus selbstbewusster auftreten, ist sich der Shopcoach sicher. »Den Mehrwert und den USP des eigenen Shops gezielt herauszuarbeiten, ist hier der wichtigste Ansatz.«
Auch der Megatrend Nachhaltigkeit spiele dem Fachhandel in die Hände – schließlich stehe dieser für Qualität, nicht für Quantität: »Fair Fashion tritt gegenüber Fast Fashion in den Vordergrund. Ein weiterer Mehrwert des kleinen Händlers gegenüber den großen Fast-Fashion-Ketten.« Bei der Umstellung auf nachhaltige Prozesse sieht Ordo den Fachhandel klar im Vorteil.
Online als Marketing-Tool
Nun gehe es darum, den »Point of Fear« aus den Köpfen der Kunden zu bekommen und den »Point of Emotion« an seine Stelle zu setzen, ist Ordo überzeugt. »Kunden zu unterhalten, ihnen etwas zu bieten und Emotionen zu erzeugen, steht dabei im Zentrum. Außerdem sollten die Online- und die Offline-Welt miteinander verbunden werden«, meint die Expertin. Von einem »kompletten« Online-Shop mit dem vollen Sortiment rät Ordo hingegen eher ab. »Das kostet oft mehr als es bringt – Zeit fast noch mehr als Geld.« Ein Online-Auftritt sei mehr Marketing-Tool als Umsatzbringer. Auch mit einem guten Instagram-Auftritt könne man neue Kunden gewinnen.
Als Generalistin unterstützt Ordo ihre Kunden je nach Bedarf in den unterschiedlichsten Bereichen von der Sortimentsplanung über die Innenraumgestaltung oder dem Marketing und der Eventorganisation bis hin zur Kennzahlenanalyse und Personalplanung. Tipps zu all diesen Bereichen gibt sie übrigens auch in kurzen Videos
auf ihrem YouTube-Kanal. »Ein Eigentümer muss sich um wahnsinnig viel kümmern und kann nicht in allem perfekt sein«, ist ihr durchaus hemdsärmeliger Zugang. »Sehr oft hilft schon der Austausch mit Jemandem vom Fach.«