Der deutsche Online-Modehändler Zalando hat seine selbstgesteckten Ziele deutlich übertroffen und seinen Umsatz um 30 % auf 10,4 Mrd. € gesteigert. Im laufenden Jahr soll das Wachstum jedoch nur noch halb so stark ausfallen.
Eigentlich hatte der Berliner Online-Modehändler Zalando damit gerechnet, dass sich das enorme Wachstum aus dem ersten Corona-Jahr im Geschäftsjahr 2021 wieder etwas einbremsen würde. Das Gegenteil ist eingetreten – das Wachstumstempo hat sich sogar nochmals deutlich gesteigert. Wuchsen die Umsätze 2020 um 23,1 % auf 8,0 Mrd. €, kletterten die eigenen Verkäufe im Vorjahr sogar um 29,7 %. Damit wurde im 13. Jahr nach der Unternehmensgründung die Schwelle von 10 Mrd. € Umsatz überschritten. »Ein unglaublicher Meilenstein für uns«, freute sich CEO und Mitbegründer David Schneider bei der Präsentation der Zahlen.
Da auch immer mehr andere Händler und Marken ihre Waren über die Plattform des Zalando-Partnerprogramms verkaufen, stieg das gesamte Bruttowarenvolumen überproportional um 34,1 % auf 14,3 Mrd. € an. Zwar wurden im Vorjahr auch sechs neue osteuropäische Märkte erschlossen, doch für das Wachstum war das nicht relevant. Selbst in den bestens etablierten DACH-Märkten legte das eigene Geschäft im Kernbereich Fashion um weitere 27 % auf gut 4,2 Mrd. € zu.
Gewinn stagniert
Die Rentabilitätsentwicklung konnte mit dem Umsatzwachstum nicht mithalten. Der Nettogewinn erhöhte sich bloß um 3,7 % auf 234,5 Mio. €, das bereinigte operative Ergebnis EBIT stieg immerhin um 11,3 % auf 468,4 Mio. €. Die EBIT-Marge sank jedoch von 5,3 auf 4,5 %. Verantwortlich dafür sind in erster Linie gestiegene Investitionen, aber auch höhere Abschriften, sagt Finanzvorstand David Schröder. Mehr als drei Viertel des Gewinns stammen weiterhin aus dem eigenen Kerngeschäft Fashion im DACH-Bereich – hier liegt die EBIT-Marge bereits bei 8,7 %.
Weitere Kennzahlen
Auch bei weiteren wichtigen Kennzahlen konnte sich der größte Online-Modehändler Europas deutlich verbessern. So stieg die Zahl der Site-visits um 38 % auf 7,5 Mrd., die Zahl der aktiven Kunden um fast 10 Mio. auf 48,5 Mio., die durchschnittliche Anzahl der Bestellungen pro Kunde um 8,5 % auf 5,2 – ein neuer Höchststand. Die Anzahl der Bestellungen legte somit insgesamt um 36 % auf 252 Mio zu. Lediglich die durchschnittliche Warenkorbgroße nahm leicht um 1,3 % auf 56,9 € ab.
Ausblick leicht schwächer
Mit diesen hervorragenden Zahlen ist für Zalando freilich noch lange nicht Schluss – auch wenn man sich für heuer auf ein etwas schwächeres Wachstum eingestellt hat. »Wir haben am europäischen Modemarkt erst einen Marktanteil von 3 %. Unser Ziel sind 10 %«, kündigt Finanzvorstand Schröder an. Heuer soll der eigene Umsatz um 12 bis 19 %, das Bruttowarenvolumen (Gross Merchandise Volume, GMV) um 16 bis 23 % wachsen. Bis 2025 soll sogar ein GMV von 30 Mrd. € erreicht werden. Beim bereinigten EBIT wird in etwa eine Stagnation im Bereich von 430 bis 510 Mio. € erwartet. »Nicht berücksichtigt in der Prognose sind mögliche negative Einflüsse verursacht durch den Krieg in der Ukraine«, schränkt Schröder ein. Auch wenn Zalando weder in der Ukraine noch in Russland direkt als Händler aktiv sei, spüre das Unternehmen bereits Auswirkungen der neuen geopolitischen Lage. »Bei unseren Kunden in Zentral- und Osteuropa stehen gerade andere Dinge im Vordergrund als Einkaufen«, bedauert CEO David Schneider. Als weitere Risiken nennt Finanz-Chef Schröder die schlechte Konsumstimmung, Lieferketten-Probleme und die hohe Inflation.
„Das Wachstum an neuen Kundinnen und Kunden sowie die Fortschritte, die wir 2021 erzielt haben, machen die vielen Möglichkeiten deutlich, die noch vor uns liegen.“
Robert Gentz, Co-CEO Zalando
Ausbau und Öffnung der Infrastruktur
Zalandos zwölf Logistikzentren in sieben Ländern bilden bereits jetzt eines der größten Fashion-Logistiknetzwerke in Europa. Heuer und nächstes Jahr sollen vier weitere Standorte hinzukommen, alleine heuer werden dafür 400 bis 500 Mio. € investiert. Derzeit sind bereits unglaubliche 5.800 Marken über Zalando erhältlich, auch fast 7.000 stationäre Geschäfte sind an die Plattform angebunden. All diesen Partnern will das Berliner Unternehmen künftig den Zugang zu seiner Logistikinfrastruktur auch für deren eigenes E-Commerce-Geschäft ermöglichen. »Zalando unterstützt seine Partner beim Ausbau ihres Onlinegeschäfts und schreitet damit bei der Transformation zu einem Plattformgeschäft weiter voran«, fasst CEO Schneider die Strategie zusammen. Und natürlich wird auch das Sortiment weiter ausgeweitet: So sind seit Februar auch Apple-Produkte über Zalando erhältlich. Die Kooperation soll ausgebaut werden.
Nachhaltigkeitsinitiativen
Immer größere Früchte tragen auch die Bemühungen um das Thema Nachhaltigkeit. So ist der Anteil der nachhaltigeren Produkte am Umsatz innerhalb eines Jahres von 16 auf 21,6 % gestiegen, bis 2023 sollen 25 % geschafft werden. Die Zahl der nachhaltigeren Artikel wurde in nur einem Jahr von rund 80.000 auf über 140.000 erweitert. »Eine Herausforderung dabei ist, dass es in der Industrie keine gemeinsame Definition von Nachhaltigkeit und keine einheitlichen Standards gibt«, bekennt Schneider. Ein besonderer Fokus liegt derzeit auf der Minimierung des Verpackungsmülls. Die Umstellung von Plastik- auf Papierversandtaschen ist nahezu abgeschlossen. Gemeinsam mit der Industrie bemühe man sich nun, Alternativen zu den Polybags zu finden, in denen immer noch jedes einzelne Teil verpackt ist. Und natürlich will man auch das Kundenerlebnis weiter optimieren und so dem schon 2015 ausgegebenen Ziel, der »Starting point for fashion« zu werden, näherkommen. Bereiche wie Kosmetik und Pre-owned sollen besser mit dem Fashion-Angebot verbunden werden, redaktionelle Inhalte mit dem Shopping-Angebot verschmelzen, noch stärker Videos eingesetzt werden. Der Kundenclub Zalando Plus, bei dem man für eine jährliche Mitgliedsgebühr Angebote wie eine schnellere Lieferung oder frühzeitigen Zugang zu Kollaborationen und Sale-Events bekommt, hat bereits im dritten Jahr nach Gründung die Schwelle von 1 Mio. Mitglieder überschritten, noch heuer sollen die 2 Mio. vollgemacht werden.