Interview: »Wollen Schleuderwettbewerb vermei...
Interview

»Wollen Schleuderwettbewerb vermeiden«

WKO
Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel in der WKO
Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel in der WKO

Der neue Handels-Obmann in der Wirtschaftskammer, der Wiener Modehändler Rainer Trefelik, stellt im Interview eine baldige Lösung für den Fixkostenzuschuss für unverkäufliche Frühjahrsware in Aussicht.

Sie haben gleich zu Ihrem Antritt als neuer Handelsobmann öffentlich darauf aufmerksam gemacht, dass die Corona-Krise den Bekleidungshandel besonders schwer getroffen hat und dass es für Bekleidung als saisonale Artikel eine Sonderlösung braucht.
Wir befinden uns dazu seit längerem in intensiven Gesprächen mit dem Finanzministerium. In der entsprechenden Richtlinie ist ja vorgesehen, dass es für saisonale Ware im Rahmen des Fixkostenzuschusses einen Kostenersatz geben wird – allerdings ohne ein klar verständliches und administrierbares Berechnungsmodell. Und daran arbeiten wir gerade.
Stößt man im Wirtschaftsministerium mit den Wünschen des Modehandels auf Verständnis? Die Zahl der Pleiten in den letzten Monaten spricht eine klare Sprache.
Die Sensibilität im Ministerium ist hoch, man sieht die besonderen Herausforderungen, vor denen der Modehandel steht. Wobei man dort jedoch mit den Anliegen aus diversen Branchen konfrontiert ist, nicht nur von uns.
In ihrer vorliegenden Form ist die Richtlinie so zu lesen, dass es Zuschüsse für Ware durch die öffentliche Hand nur gibt, wenn der Wertverlust 50 % ist.
Genau das ist das Thema. Wir wollen vermeiden, dass es deshalb zu einem noch stärkeren Schleuderwettbewerb kommt. Weil der würde die Branche noch nachhaltiger unter Druck bringen. Jetzt geht es um die Details, und dazu stehen wir in einem intensiven Austausch.
Zeichnet sich eine Lösung ab?
Wir rechnen mit einer Lösung in den nächsten zwei Wochen. Aus heutiger Sicht wird die Richtgröße für Förderungen das Überlager sein, das am Ende der Saison noch da ist. Gerechnet von den Einkaufswerten.

„Was nützen Masken in den Geschäften, wenn im Privatbereich alles anders ist? Es gibt viele Studien zum Thema Corona. Ich habe noch keine gefunden, wo sich jemand im Einzelhandel angesteckt hätte. “
Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel in der WKO

Nach wie vor sind die Frequenzen besonders in den Innenstädten sehr bescheiden. Touristische Hotspots wie die Wiener City, wo Sie Ihr Geschäft haben, sind besonders stark betroffen. Gibt es vonseiten des Handels in der WKO auch Forderungen zur Stimulierung der Nachfrage, etwa durch eine generelle Mehrwertsteuersenkung wie in Deutschland?
Dieses Thema ist jetzt einmal hintangestellt. Was wir viel mehr brauchen, ist eine Rückkehr des Vertrauens. Da hilft es, wenn jetzt gut auf sich erhöhende Fallzahlen und neue Cluster reagiert wird. Wenn jetzt durch konjunkturelle Maßnahmen das Einkommen der Konsumenten gestützt wird, deutet vieles darauf hin, dass dieses zusätzliche Einkommen nicht ausgegeben wird, sondern zur Erhöhung der Sparquote führt. Solange eben das Vertrauen nicht da ist. Und über allem steht die Frage: Was kommt im Herbst?
Seit heute gilt in Oberösterreich wieder die Maskenpflicht, auch im Handel.
Dieser Diskussion kann und muss man sich stellen, keine Frage. Doch was nützen Masken in den Geschäften, wenn draußen im Privatbereich alles anders ist? Das ist nicht stimmig. In den Geschäften kann Abstand gewahrt werden, in allen Geschäften stehen die Desinfektionsmittel. Aber im privaten Bereich wird viel weniger Rücksicht genommen. Es gibt sehr viele Studien zum Thema Corona. Ich habe noch keine gefunden, wo sich jemand im Einzelhandel angesteckt hätte. Wir brauchen also einen Mittelweg. Wir wissen, dass das Einkaufserlebnis mit Maske enden wollend ist. Dort wo es eng wird, empfiehlt auch der Handel klar das Tragen von Masken. Auch wir werden in unserem Geschäft im Ausverkauf die Maske empfehlen, wenn es eng wird.
Ein heißes Thema abseits von Corona war in den letzten Wochen die geplante Verkehrsberuhigung der Wiener City. Wie steht die WKO zu verkehrsberuhigenden Maßnahmen?
Alle Wiener Innenstadtvereine haben sich gemeinsam dazu bekannt, dass es aufgrund der Veränderungen im Mobilitätsverhalten eine andere Verteilung des öffentlichen Raums geben soll. Aber dazu braucht es eine vernünftige Planung, vernünftige Rahmenbedingungen, vernünftige Kommunikation. Keine Schnellschüsse, die eher einem Wahlkampfgag gleichkommen. Keine Schlagzeile »Wiener City wird autofrei« – wenn die präsentierte Lösung dann so viele Ausnahmen enthält, dass sich niemand mehr auskennt. Zusammenfassung: Alle dürfen reinfahren – nur unsere Kunden nicht. Das kann es nicht sein. Nun gehen aber auch die Signale aus der Politik wieder in die richtige Richtung. Nehmen wir uns die Zeit, erarbeiten wir eine gute Lösung, machen wir eine Win-Win-Situation daraus!

stats