Handelsverbands-Prognose: Stationärer Modehan...
Handelsverbands-Prognose

Stationärer Modehandel schrumpft fast um ein Viertel

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Die Corona-Krise lässt private Haushaltsausgaben heuer um mehr als 16 Mrd. Euro einbrechen. Der Modehandel am stärksten betroffen. Chancen gibt es für »Made in Austria«.

Die jüngste Prognose des Handelsverbands in Kooperation mit dem Marktforschungsinstitut Branchenradar.com zeigt, dass die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf den Handel weit drastischer ausfallen werden als zunächst erhofft. »Die Corona-Krise lässt die privaten Haushaltsausgaben heuer um mehr als 16 Milliarden Euro einbrechen. Der heimische Handel muss sich damit im Winter warm anziehen«, erklärt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Bekleidung, Schuhe und Baubedarf am stärksten betroffen

»Mit Abstand am stärksten hat Covid-19 die Bereiche Bekleidung und Schuhe getroffen«, bestätigt Studienautor Andreas Kreutzer von Branchenradar.com. Berücksichtigt man die gesamten Privatausgaben (sowohl stationär als auch online), rechnet Kreuzer für das Kalenderjahr mit einem Minus von 13,9 % (Bekleidung) bzw. 11,4 % (Schuhe). Betrachtet man nur den stationären Handel liegt der Einbruch sogar bei - 22,6 % (Bekleidung) bzw. - 20,9 % (Schuhe). Neben der allgemeinen Kaufzurückhaltung leidet gerade der Mode-, Uhren- und Luxusgüterbereich überdies stark darunter, dass die kaufkräftigen Touristen aus dem Ausland fehlen. Dies trifft insbesondere Tourismus-Hochburgen wie Tirol, Wien oder Salzburg.

Vermeintlicher Cooconing-Effekt mittlerweile verpufft

Auch das Segment Baubedarf (- 6,1 %) hat laut der Untersuchung heftig zu kämpfen. »Corona wirft einen langen Schatten auf das Konsumklima. Das zeigt sich jetzt insbesondere bei kostspieligen Anschaffungen, etwa Autos. Jeder fünfte Österreicher verschiebt zurzeit größere Anschaffungen im Handel oder streicht diese komplett. Noch immer beschränken sich 12 % ausschließlich auf den Kauf lebensnotwendiger Güter«, ergänzt Handelssprecher Rainer Will.
Ein leichtes Umsatzwachstum erwarten Handelsverband und Branchenradar.com bei den Segmenten Möbel (+ 1,4 %), Weiße Ware (+ 1,6 %) und Elektrogeräte (+ 1,2 %). Dafür verzeichnen Warengruppen wie Sportausrüstung (- 3,9 %), Geschirr (- 6,4 %) und Gartenprodukte (- 2,1 %) höhere Rückgänge als ursprünglich erwartet. »Der vermeintliche Cooconing-Effekt hat sich damit als Einmaleffekt entpuppt und dürfte mittlerweile verpufft sein«, kommentiert Will.

E-Commerce & Regionalität gestärkt

Die hohen Verluste aus dem stationären Handel konnten mancherorts zumindest teilweise vom E-Commerce abgefedert werden. Laut McKinsey haben sich digitale und kontaktlose Zahlungen coronabedingt in drei Monaten so schnell entwickelt wie sonst in zehn Jahren. »Corona war wie ein digitaler Urknall! Das gilt besonders für das Smartphone-Shopping. Hier haben wir innerhalb eines Jahres einen massiven Zuwachs von mehr als + 50 % erlebt«, so Will. »Wir erwarten heuer ein Wachstum der privaten Haushaltsausgaben im E-Commerce um + 13 %.«
Andreas Kreutzer (Branchenradar.com) und Rainer Will (Handelsverband)
Handelsverband
Andreas Kreutzer (Branchenradar.com) und Rainer Will (Handelsverband)

Viele heimische Händler haben das Potenzial in den letzten Monaten erkannt und in ihren Webshop investiert – laut Handelsverband »eine gute Entscheidung«. Erfreulich ist überdies, dass während der Corona-Pandemie ein deutlich gestiegenes Interesse seitens der Konsumenten am regionalen Einkauf eingesetzt hat.
»Wir erleben hier tatsächlich ein Umdenken: Faktoren wie Regionalität, Qualität und Nachhaltigkeit rücken stärker in den Vordergrund«, so Andreas Kreutzer. Das ist eine Chance sowohl für die 13.500 heimischen Webshops als auch für den stationären Handel, mit Qualität »Made in Austria« zu punkten.

Klima der Zuversicht als Basis für den Konsum

»Generell müssen sich die heimischen Händler das Licht am Ende des Tunnels jedoch hart erarbeiten«, führt Will aus. »Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit haben die Kaufkraft geschmälert. Damit die Lohnsteuersenkung bei den Beschäftigten tatsächlich mehr Kaufkraft bringt, ist es wichtig, dass sich die Sparquote, die zuletzt deutlich angestiegen ist, wieder normalisiert. Dafür brauchen wir ein Klima der Zuversicht.«
„Wir erleben tatsächlich ein Umdenken: Faktoren wie Regionalität, Qualität und Nachhaltigkeit rücken stärker in den Vordergrund.“
Andreas Kreutzer, Branchenradar.com

Ein Hoffnungsschimmer für den stationären Handel: Langsam werde ein Gewöhnungseffekt bei den Schutzmasken spürbar. »Nun gilt es, die November-Sondereinkaufstage sowie das Weihnachtsgeschäft bestmöglich vorzubereiten, um doch noch einigermaßen gut durch das Jahr zu kommen«, so Will.
Vor diesem Hintergrund fordert der Handelsverband kostenfreie Covid-19-Tests mit raschen Ergebnisse binnen max. 48 Stunden auch für Beschäftigte von Handelsbetrieben im Verdachtsfall. Für Mitarbeiter von gewerblichen Gastronomiebetrieben ist dies bereits seit 1. September möglich. Die Kosten sollten vom Staat getragen werden, um die beschäftigungsintensive Handelsbranche zu unterstützen. »Das Angebot hat sich in der heimischen Gastronomie aber auch in vielen anderen europäischen Ländern im Handel bewährt, daher sollte es dringend auch auf den österreichischen Handel ausgeweitet werden. Damit schaffen wir noch mehr Sicherheit für den Konsumenten wie auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und sichern damit Arbeitsplätze«, ist Rainer Will überzeugt.




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