Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands
Das Umsatzplus des Jahres 2022 wurde von der Teuerung komplett aufgezehrt. Immerhin: Dank einer Rekordmenge an verschenkten Gutscheinen hofft der Handelsverband auf einen guten Jahresstart.
„Die Händler waren nach einem durchwachsenen Start zuletzt mit dem Weihnachtsgeschäft sehr zufrieden“, zieht Handelsverbands-Geschäftsführer Rainer Will Bilanz über die letzten Wochen des Jahres 2022. Trotzdem werde der Handel real „weit hinter dem Vorkrisen-Niveau bleiben“. Laut jüngster WIFO-Prognose verfehlte die Branche inflationsbereinigt sogar den Umsatz des Vorjahres – im Dezember um 0,8 %, im Gesamtjahr 2022 um 1,0 %. „Die nominellen Zuwächse im heurigen Jahr werden damit komplett von der Teuerung aufgezehrt“, fasst Will zusammen.
Gutscheine erstmals auf Platz 1 der Weihnachtsgeschenke
Zu den bevorzugten Waren, die für Weihnachten im Einzelhandel gekauft wurden, zählten diesmal Gutscheine (38 %), Bekleidung (35 %), Spielzeug (30 %), Bücher (27 %), Süßigkeiten (27 %) und Parfum/Kosmetikprodukte (26 %).
„Die Menschen sparen in der Teuerungskrise mehr bei sich selbst als bei ihren Liebsten und deren Weihnachtsgeschenken. Gutscheine und auch Geldgeschenke waren im Jahr der Teuerungskrise so hoch im Kurs wie nie zuvor und haben erstmals alle Produktgeschenke übertrumpft“, berichtet der Branchensprecher. „Das hohe Gutscheinvolumen lässt uns auf gute Geschäfte im Jänner hoffen“, bevor im Februar die umsatzschwache Zeit anbreche.
„Besonders gefragt waren bei Bekleidung, Textilien und Schuhen bis zuletzt all jene Produkte, die wärmen und alles, was festlich anmutet. Die Menschen wollen wieder feiern und haben Nachholbedarf bei Unterhaltung und Erlebnissen. Inflationsbedingt haben Eigenmarken gut funktioniert. Die Gastronomie hat den Handel durch längere Aufenthaltsdauern gestärkt“, so Will weiter. „Die derzeitige warme Wetterphase hat zwar zu einem Abflauen des Wintermode-Trends geführt, allerdings wird sich damit die Situation bei den Energierechnungen etwas verbessern und die Kaufkraft unterstützen“, hebt er die positiven Aspekte hervor.
2023 wird herausfordernd
Ebenfalls positiv: Die Reallohnverluste des Jahres 2022 werden 2023 durch die hohen Kollektivvertragsabschlüsse ausgeglichen. Trotzdem erwarte den heimischen Handel ein anspruchsvolles erstes Halbjahr 2023. Neben den Löhnen werden auch die Mieten ansteigen und die Energiepreise noch auf einem hohen Niveau bleiben. „Banken sind als Finanzierungspartner im ersten Halbjahr 2023 gefragt, um gemeinsam den Aufschwung zu schaffen. Ab dem 2. Halbjahr 2023 hoffen wir darauf, dass die Bevölkerung wieder mehr Vertrauen in die Zukunft gewinnt und ein Aufschwung möglich wird.“
Arbeitsmarktreform gefordert
Dringend gefordert sieht der Handelsverband die Bundesregierung. Strukturreformen am Arbeitsmarkt und bei Gebühren seien überfällig. „Oftmals kündigen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter nach kurzer Zeit der Anstellung wieder, melden sich arbeitslos und verdienen geringfügig dazu, um damit ein ähnlich hohes Nettoeinkommen zu erzielen“, berichtet Will aus der Praxis. „Nur mit einem gesunden Arbeitsmarkt kann der Aufschwung gelingen.“ Weiters pocht der Handelsverbands-Obmann abermals auf die Abschaffung der Mietvertragsgebühr. „Dieses Relikt belastet in ganz Europa nur mehr Firmen in Österreich.“