Der Onlinehandel hat während der Corona-Pandemie nicht nur neue Kunden, sondern richtige Fans gewonnen – und das quer durch alle Handelssparten. Unter den drei beliebtesten Modehändlern Österreichs befinden sich bereits zwei reine Online-Anbieter.
Die Drogeriemarktkette dm ist die beliebteste Handelsmarke der Österreicherinnen und Österreicher, wie eine aktuelle Studie der Strategieberatung EY-Parthenon zeigt, für die mehr als 5.000 Personen befragt wurden. Damit verteidigt dm die Spitzenposition aus dem Vorjahr. Neu auf Platz zwei ist in diesem Jahr das schwedische Möbelhaus Ikea, gefolgt vom Lebensmitteldiskonter Hofer.
»2021 war noch stark von der Pandemie geprägt und viele Händler hatten nach wie vor mit Lockdowns und Schließungen zu kämpfen. Unsere breit angelegte Umfrage bestätigt, dass der Onlinehandel unverzichtbar für starke Handelsmarken ist – er war der Hauptgrund für die großen Verschiebungen innerhalb der Top 25 der österreichischen Händler«, so Martin Unger, Leiter der Strategieberatung bei EY-Parthenon und der Handels- und Konsumgüterbranche bei EY Österreich.
Die Analyse ergab laut Unger einen klaren Zusammenhang zwischen digitaler Exzellenz im Onlinebereich und der Gesamtbewertung: Insgesamt wurden in diesem Jahr Händler mit gutem Online-Auftritt besser bewertet. Das stationäre Angebot wurde pandemiebedingt eher schlechter wahrgenommen. »Der Onlinehandel ist gekommen, um zu bleiben und spätestens jetzt nach der Pandemie ist dieser Vertriebskanal nicht mehr wegzudenken«, erklärt Nikolaus Köchelhuber, Strategieberater bei EY-Parthenon und Branchenexperte für die Handel- und Konsumgüterindustrie bei EY Österreich.
Die Branchensieger
So ist Amazon bereits auf Rang 5 unter den beliebtesten Einzelhändlern des Landes aufgestiegen. In der Sparte Versandhandel belegt der Onlinehandelsriese klar Platz 1 vor Universal und Otto. Doch überraschenderweise konnte sich der US-Universalist auch in der Sparte Bekleidung auf Platz zwei vorarbeiten und wird nur noch von Peek & Cloppenburg von der Spitze verdrängt – und das sehr knapp. Auch auf Platz 3 liegt ein reiner Online-Anbieter: Zalando. Da geht es anderen Handelszweigen nicht viel besser: Im Elektronikhandel liegt Amazon auf Platz 1 (vor MediaMarkt), und auch in der Branche Heim und Garten belegt der Online-Riese die Pole Position (Platz 2: Hornbach, Platz 3: Obi). Im Bereich Sport und Outdoor überzeugte hingegen Intersport (2.: Blue Tomato, 3.: Decathlon), in der Sparte Schuhe liegt Humanic vorne (2.: Deichmann, 3. Salamander). Im Bereich Unterwäsche ist Intimissimi der Händler des Vertrauens (2.: Wolford, 3.: Hunkemöller).
Der Haken an der Studie: Insgesamt standen den 5.000 Befragten nur 80 Händler aus elf Handelssparten zur Bewertung zur Auswahl, pro Branche also deutlich weniger als zehn.
Vertrauen wichtigstes Kriterium
Vertrauen spielt in markengetriebenen Branchen wie dem Handel naturgemäß eine bedeutende Rolle und hat so auch den größten Einfluss auf die Gesamtbewertung der Händler. Am zweitwichtigsten ist für die Befragten ein relevantes Produktangebot, gefolgt von einem fairen Preis-Leistungsverhältnis. Nachhaltigkeit ist bereits auf Rang sechs der wichtigsten Einflusskriterien zu finden und wird damit sogar als wichtiger gesehen als die Qualifikation des Personals.
Nachhaltigkeit stark im Kommen
»Nachhaltigkeit darf nicht mehr einfach als Trend abgetan werden«, so Unger: »Wir befinden uns gerade inmitten eines fundamentalen Wertewandels in unserer Gesellschaft und Konsumentinnen und Konsumenten fordern schon heute nachhaltige Produkte, Lieferketten und unternehmerische Ziele und Strategien von den Händlern. Das wird sich in den kommenden Monaten und Jahren noch weiter verstärken. Händler, die hier nicht jetzt schon mitziehen, sind schon heute de facto vom Aussterben bedroht.
Dass in punkto Nachhaltigkeit seitens der Händler noch etwas Luft nach oben ist, sei laut Unger eine weitere Erkenntnis aus der Umfrage: »Die Kundinnen und Kunden fühlen sich durch die Händler in Hinblick auf Kommunikation und Informationsweitergabe noch nicht ausreichend unterstützt, damit sie sich nachhaltiger verhalten können. Hierauf sollten Händler also einen klaren Fokus legen, denn gerade bei diesem Thema ist die Informationslage oft unübersichtlich, intransparent und nicht eindeutig.«
Preissensibilität im Krisenjahr gesunken
Entgegen der unsicheren Situation der Wirtschaft und dem Arbeitsmarkt ist die Preissensibilität während der Pandemie leicht gesunken. Über alle Branchen hinweg gaben die Befragten an, dass der Preis etwas weniger ausschlaggebend ist und eher das Produkt oder die Marke im Vordergrund stehen.
»Die fehlenden Möglichkeiten, Geld im Urlaub, in Restaurants oder beim Shopping auszugeben, haben dazu geführt, dass mehr in der Geldbörse übriggeblieben ist. Der primäre Gedanke beim aktuellen Einkaufsverhalten gilt daher nicht dem Preis allein, sondern auch dem erworbenen Produkt bzw. der Marke«, fasst Köchelhuber zusammen.